Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Lebenslange Haft im Fall Endingen
Österreich verlangt Auslieferung des Fernfahrers wegen eines weiteren Mordes
FREIBURG (dpa/AFP) - Nach dem Sexualmord an einer 27-jährigen Joggerin in Endingen bei Freiburg ist ein Lastwagenfahrer aus Rumänien zu lebenslanger Haftstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden. Der 40-Jährige habe sich des Mordes und der besonders schweren Vergewaltigung schuldig gemacht, entschied das Landgericht Freiburg am Freitag. Die Richter sahen es zudem als erwiesen an, dass er im Januar 2014 in Kufstein eine französische Austauschstudentin vergewaltigte und tötete. In Österreich droht dem Verurteilten deswegen ein weiterer Prozess.
FREIBURG (dpa) - Catalin C. verlässt den Gerichtssaal so, wie er ihn vor genau einem Monat erstmals betreten hat: Der Blick ist nach unten gerichtet, Augenkontakt oder Gespräche meidet der mutmaßliche Mehrfachmörder. Am Freitag verurteilte das Landgericht den 40-Jährigen, der in Endigen bei Freiburg eine junge Frau ermordete und knapp drei Jahre zuvor in Kufstein in Österreich eine weitere junge Frau getötet haben soll, zu lebenslanger Haftstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung. Es folgt höchstwahrscheinlich ein Mordprozess in Österreich.
Der aus Rumänien stammende Berufsfernfahrer und Vater von drei Kindern nimmt das Urteil ohne äußerliche Regung entgegen. Ihm direkt gegenüber sitzen die Nebenkläger: die Eltern, der Bruder und der Ehemann der in Endingen Ermordeten. „Ein gerechtes Urteil“, wird ihr Anwalt Peter Oberholzner später sagen. Er hatte den Angeklagten in seinem Plädoyer vor rund einer Woche ein „Monster“genannt.
Der Angeklagte legte zwar ein Geständnis ab, machte aber Erinnerungslücken geltend. Er habe eine ihm unerklärliche Aggression gespürt und spontan gehandelt. Doch diese Aussagen, macht Richterin Eva Kleine-Cosack deutlich, seien nicht glaubhaft. Beweise und Gutachten sprächen dagegen.
An einem regnerischen Sonntagnachmittag Anfang November 2016 ereignete sich die Tat in den Weinbergen des 9000 Einwohner zählenden Ortes Endingen. Die 27-Jährige war joggen, als sie den Weg ihres Mörders kreuzte. Sie hatte keine Chance, sagt die Richterin in der Urteilsbegründung. Mit mindestens sechs wuchtigen Schlägen auf den Kopf habe der Mann die Frau getötet und zudem brutal vergewaltigt. Catalin C., sagt Kleine-Cosack, habe mit „enormer Brutalität und absolutem Vernichtungswillen“gehandelt. So wie zuvor in Kufstein. „Beide Taten weisen eine frappierende Übereinstimmung auf“, sagt Kleine-Cosack.
Opfer im Januar 2014 wurde eine 20-jährige französische Austauschstudentin aus Lyon. Sie wurde am Ufer des Inn getötet und vergewaltigt. Beide Frauen wurden angegriffen und von einem Weg in Böschungen gezerrt. Das Gericht geht davon aus, dass beide Zufallsopfer waren und Catalin C. sie bewusst und ohne Mitleid tötete. „Ein Mensch, der Mitgefühl gegenüber Frauen empfindet, wäre zu solchen Taten nicht fähig“, sagt die Richterin.
Unklar bleibt das Motiv. Die Beantwortung bleibe so lange Spekulation, wie der Angeklagte nicht bereit sei, darüber zu reden. „Wir glauben weniger, dass er es nicht will, sondern dass er es nicht kann“, sagte Kleine-Cosack. Sicherungsverwahrung sei notwendig, um die Allgemeinheit vor dem Mann zu schützen. So stellte das Gericht auch die besondere Schwere der Schuld fest. Außerdem sieht ein psychiatrischer Gutachter, dem der Angeklagte beide Morde gestanden hat, eine Wiederholungsgefahr. Mit Sicherungsverwahrung ist eine Freilassung nach 15 Jahren Haft nahezu ausgeschlossen.
Dem Angeklagten droht nun ein Prozess in Österreich. Verhandelt werden soll vor dem Landesgericht Innsbruck. Österreich hat bereits die Auslieferung des Mannes beantragt.