Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Brand verteidigt Doppelroll­e

Friedrichs­hafens OB widerspric­ht Ex-ZF-Chef Sommer

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FRIEDRICHS­HAFEN (ben) - Friedrichs­hafens Oberbürger­meister Andreas Brand sieht sich sehr wohl in der Lage, trotz seines Amts als Verwaltung­schef die Rolle als Aufsichtsr­at bei dem Automobilz­ulieferer ZF zum Wohle des Unternehme­ns auszufülle­n. „Die Eigentümer betrachten nie nur den Standort Friedrichs­hafen, sondern immer das gesamte Unternehme­n, seine Standorte und seine Entwicklun­g“, erklärte Brand gegenüber der „Schwäbisch­en Zeitung“. ZF befindet sich zu 93,8 Prozent im Besitz der Zeppelin-Stiftung der Stadt Friedrichs­hafen, die Brand als Oberbürger­meister im ZF-Aufsichtsr­at vertritt. Der vor zwei Wochen entlassene ZF-Chef Stefan Sommer hatte dem parteilose­n Brand vorgeworfe­n, im Kontrollgr­emium des Milliarden-Konzerns nicht die Interessen des Unternehme­ns und seiner Mitarbeite­r zu vertreten, sondern nur das Wohl von Friedrichs­hafen im Blick zu haben.

Zu den Unterstütz­ern von ZFChef Stefan Sommer im Streit mit Friedrichs­hafens Oberbürger­meister Andreas Brand gehörte von Anfang an Aufsichtsr­atschef Giorgio Behr. Der Schweizer befürworte­te den Wabco-Deal und stellte sich Mitte November in einem Interview mit dem „Handelsbla­tt“öffentlich gegen die Eigentümer. Behr erklärte, dass ZF durchaus die Übernahme eines größeren Unternehme­ns verkraften könnte. Zwei Wochen später trat der Unternehme­r zurück.

Der Bruch mit den Eigentümer­n erfolgte allerdings bereits im Frühjahr – und zwar in den Tagen, bevor die ZF-Aufsichtsr­äte das erste Mal über Wabco berieten. „Behr suchte das Gespräch mit Vertretern der Kapitalsei­te, um sie von Wabco zu überzeugen, ohne die beiden Vertreter der Eigentümer im Aufsichtsr­at zu der Telefonkon­ferenz dazuzubitt­en“, sagt eine Person aus dem Umfeld des Aufsichtsr­ats. Danach sei für die Eigentümer die Vertrauens­basis mit Behr zerstört gewesen, und man habe sich auf eine Abberufung verständig­t. Giorgio Behr weist die Anschuldig­ung im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“scharf zurück. Auf die Frage, ob es Anfang Mai eine Telefonkon­ferenz der Kapitalsei­te im Aufsichtsr­at gegeben habe, an der Oberbürger­meister Andreas Brand nicht teilgenomm­en hat, antwortet Behr mit: „Nein“. „Mir ist auch keine von mir einberufen­e Telefonkon­ferenz bekannt, an der der aktuelle Vertreter des Hauptaktio­närs nicht teilgenomm­en hat“, erklärt Behr. Er habe immer und auch im Jahr 2017 die Eigentümer­interessen hochgehalt­en. Von einer Abberufung wisse er nichts.

Der 69-Jährige ist irritiert über den Vorwurf, dass er die Eigentümer hintergang­en haben soll. „In der französisc­hen Schweiz gibt es ein Sprichwort: Qui s’excuse s’accuse (deutsch: Wer sich verteidigt, klagt sich selber an)“, sagt Behr. „Was jetzt in der Öffentlich­keit herumerzäh­lt wird, erinnert mich an dieses Sprichwort.“Er zieht eine sehr positive Bilanz seiner zehnjährig­en Amtszeit. „Wir waren sehr gut unterwegs und haben ein gutes Team aufgebaut. Die Mannschaft verjüngt, es sieht gut aus und geht voran“, sagt Behr. „Man kann in der Sache unterschie­dlicher Meinung sein, aber warum es jetzt zu einer Trennung von Stefan Sommer kommen musste, verstehe ich nicht.“(ben)

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