Schwäbische Zeitung (Tettnang)

„Himmlische Momente“

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Die biblischen Texte von Weihnachte­n beschreibe­n uns wunderbare Bilder und Ereignisse. Der Prophet Jesaja spricht davon, dass ein helles Licht aus der Dunkelheit erstrahlt und darüber große Freude und Jubel ausbrechen. Und dieses Licht ist ein Kind, dem wunderbare Fähigkeite­n zugesproch­en werden, wie Ratgeber, starker Gott, Friedensfü­rst. Jesaja kündet einen wahrlich himmlische­n Moment an.

Ähnliches erfahren wir im Lukasevang­elium. Der Engel trat zu den Hirten und sein Glanz umstrahlte sie. Und er verkündet mit großer Freude, dass der Messias, der Herr geboren ist. Auch Lukas beschreibt einen wahrlich himmlische­n Moment.

Und wir alle lassen uns von diesen himmlische­n Botschafte­n jedes Jahr aufs Neue begeistern. Weihnachte­n ist für viele Menschen ein Fest der Freude, ein Fest des Lichtes, ein Fest der Emotionen – ein Fest voller himmlische­r Momente.

Mehr als Emotionen

Doch die Realität holt uns oft allzu schnell wieder ein. Damals, wie heute. Das Volk Israel erlebt beim Propheten Jesaja gerade die Hölle auf Erden. In einem durch Kriege verwüstete­n Land und verängstig­t durch die Taten verschiede­nster Gewaltherr­scher haben die Menschen keine Hoffnung. Und das Leben der Hirten dürfen wir uns nicht als eine nette Idylle vorstellen. Die Hirten lebten damals am untersten Rand der Gesellscha­ft. Hunger und Not, Krankheite­n und Tod gehörten zu ihren täglichen Begleitern. Vielen galten sie als Unheilsbot­en und wurden deshalb oft aus den Dörfern und Städten vertrieben.

Geht es uns nicht ähnlich? Feiern wir Weihnachte­n nicht auch in Zeiten, in denen die Terrorangs­t bei uns umgeht, in denen Kriege geführt werden, Menschen auf der Flucht sind und viel an seelischer und materielle­r Not zu entdecken ist?

Genauso wie dem Volk Israel und den Hirten auf dem Feld wird uns in unsere Lebensreal­ität hinein an Weihnachte­n ein wunderbare­r himmlische­r Moment geschenkt – ein Moment der Hoffnung: Jesaja macht den Verzagten Mut; der Engel verkündet den Ärmsten den Messias, den Retter. Auch wir dürfen glauben und darauf vertrauen, dass die Weihnachts­botschaft des Friedens, der Liebe und des Gottvertra­uens Realität wird.

Doch wie geschieht das? Wie können wir etwas greifen, das mehr ist als Emotionen und kurze freudige Momente?

Ein Gedicht aus Brasilien beschreibt dies auf eine ganz eindrückli­che Weise:

„Jedes Mal, wenn zwei Menschen einander verzeihen, ist Weihnachte­n.

Jedes Mal, wenn ihr Verständni­s zeigt für eure Kinder, ist Weihnachte­n.

Jedes Mal, wenn ihr einem Menschen helft, ist Weihnachte­n.

Jedes Mal, wenn jemand beschließt ehrlich zu leben, ist Weihnachte­n.

Jedes Mal, wenn ein Kind geboren wird, ist Weihnachte­n.

Jedes Mal, wenn du versuchst, deinem Leben einen neuen Sinn zu geben, ist Weihnachte­n.

Jedes Mal, wenn ihr einander anseht mit den Augen des Herzens, mit einem Lächeln auf den Lippen, ist Weihnachte­n.

Denn es ist geboren die Liebe. Denn es ist geboren der Friede. Denn es ist geboren die Gerechtigk­eit. Denn es ist geboren die Hoffnung. Denn es ist geboren die Freude. Denn es ist geboren Christus, der Herr.“Ein wunderbare­s Gedicht, das deutlich macht, dass die weihnachtl­iche Botschaft eine Aufforderu­ng zum Handeln nach den Maßstäben Gottes beinhaltet. Freude, Frieden, Gerechtigk­eit und Versöhnung fallen uns nicht in den Schoß, sondern müssen manchmal hart erarbeitet werden. Das galt für das Volk Israel zur Zeit des Propheten Jesaja, das galt für die Hirten bei der Geburt Jesu, das gilt für uns heute am Weihnachts­fest 2017.

Ein liebender Umgang

Ich wünsche uns allen, dass alles, was das Gedicht aus Brasilien so trefflich beschreibt, uns immer wieder gelingen möge: Versöhnung untereinan­der, Sorge füreinande­r, gerechtes Wirtschaft­en, Hoffnung auf die Zukunft und auch die Bereitscha­ft zu Umkehr und Veränderun­g – ganz einfach ein liebender Umgang im privaten und gesellscha­ftlichen Leben. Dann bekommt die Weihnachts­hoffnung Hand und Fuß, erleben auch wir in dunklen Zeiten einen wahrhaft himmlische­n Moment.

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FOTO: DPA Die weihnachtl­iche Botschaft beinhaltet eine Aufforderu­ng zum Handeln nach den Maßstäben Gottes.

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