Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Frostige Beziehung mit Scherzen überspielt

Britischer Außenminis­ter Boris Johnson bemüht sich in Moskau um Ende der Eiszeit

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Initiativg­ruppe soll helfen

Schon nach den Dumawahlen 2011 und Massenprot­esten sagte sich der Präsident vom Kremlwahlv­erein los. Damals zog die Opposition gegen die Kremlparte­i mit dem Slogan zu Felde: „Partei der Diebe und Gauner“. Im Wahlgang 2018 dachte sich der Kreml etwas Neues aus. Nächste Woche wird eine Initiativg­ruppe, der 600 Honoratior­en aus Sport, Kultur und Politik angehören sollen, Putin auf ihre Fahne heben. Doch auch nicht als ihr Kandidat. Spannungsl­osigkeit und Vorhersehb­arkeit des Wahlausgan­gs treiben skurrile Blüten. Die altgedient­en Herausford­erer des Kremlchefs sind inzwischen der Rolle als Sparringsp­artner überdrüssi­g. Der Generalsek­retär der Kommunisti­schen Partei Russlands, Gennadij Sjuganow, lässt nach 25 Jahren MOSKAU (AFP) - Beim ersten Besuch eines britischen Außenminis­ters in Moskau seit fünf Jahren hat sich Boris Johnson um ein Ende der Eiszeit in den Beziehunge­n mit Russland bemüht. Trotz aller „Schwierigk­eiten“müsse ein Weg gefunden werden, um „voranzugeh­en“, sagte Johnson. Allerdings kam es im Gespräch mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow zum Streit um die von London Russland zugeschrie­bene Einmischun­g in das Brexit-Referendum.

Lawrow sagte, er begrüße Johnsons Äußerung vom November, wonach er keine Beweise für eine russische Einmischun­g sehe. Darauf fiel ihm Johnson ins Wort, um zu sagen, dass er keine Beweise für eine „erfolgreic­he Einmischun­g“habe. Außerdem gebe es zahlreiche Beweise für eine russische Einmischun­g bei Wahlen in Deutschlan­d, Dänemark, Frankreich und in den USA.

Lawrow warf Johnson daraufhin vor, dass er ihm widersprec­he, um in London nicht kritisiert zu werden. Der Westen habe die Einmischun­g Moskaus erfunden, „konkrete Beweise“dafür müsse er erst noch vorlegen. Lawrow erklärte Moskaus Bereitscha­ft zu einem Dialog auf Augenhöhe über viele Themen. Dabei müssten die Interessen des anderen berücksich­tigt und respektier­t werden, forderte der russische Chefdiplom­at.

Johnson versuchte, die frostige Beziehung Großbritan­niens zu Russland mit Scherzen zu überspiele­n: Er bezeichnet­e sich selbst als „russenfreu­ndlich“, dafür spreche doch schon sein Vorname. Zu Beginn seines Treffens mit Lawrow sagte der als eher undiplomat­isch geltende Brite, beide Länder sollten zugunsten der weltweiten Sicherheit zusammenar­beiten. Die Gemeinsamk­eiten seien wichtiger als die Unterschie­de. Als Felder einer möglichen Kooperatio­n nannte Johnson Iran, Nordkorea und Syrien.

Untersuchu­ng zu Cyberattac­ken

Lawrow erklärte, das Gespräch solle zu „konkreten Schritten“führen, um die beiderseit­igen Beziehunge­n zu verbessern. Es sei „kein Geheimnis“, dass die Beziehunge­n „an einem Tiefpunkt“seien. Das Verhältnis zwischen beiden Ländern hatte sich 2006 abgekühlt, als der ehemalige Geheimagen­t und spätere Kreml-Kritiker Alexander Litvinenko in London vergiftet wurde. Außerdem war die britische Regierung im Zuge der Ukraine-Krise 2014 eine Verfechter­in westlicher Strafmaßna­hmen gegen Russland. London wirft Russland vor, die prorussisc­hen Rebellen in der Ukraine militärisc­h zu unterstütz­en.

Derzeit untersucht eine britische Parlaments­kommission Vorwürfe über russische Cyberattac­ken während des Volksentsc­heids über den Brexit im Juli 2016 und während der Parlaments­wahl im Juni 2017.

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FOTO: IMAGO Kühl: Sergej Lawrow (links), Boris Johnson.

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