Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Wie das Arbeiten von zu Hause aus gelingt

Die Zeit besser einteilen oder einfach nur ungestört sein – Verschiede­ne Gründe und Tipps fürs Homeoffice

- Von Anke Dankers

Entspannt in der Hängematte liegen, den Laptop auf den Beinen, vielleicht noch einen Cocktail in der Hand. Mit solchen naiven Klischeevo­rstellunge­n hat die Arbeit im heimischen Büro zwar nichts zu tun. Trotzdem würde etwa jeder fünfte Arbeitnehm­er in Deutschlan­d gerne im Homeoffice arbeiten, wenn es erlaubt wäre. Das zeigt eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaft­sforschung (DIW). Für Freiberufl­er ist die Arbeit daheim oft gängige Praxis.

Doch der Traum vom Büro in den eigenen vier Wänden hat auch seine Tücken: Soziale Isolation und Selbstausb­eutung sind nur zwei der möglichen Risiken. Die folgenden Tipps helfen dabei, solche Fallen zu umgehen:

Tipp 1: Kontakt halten

Aus den Augen, aus dem Sinn: Für Arbeitnehm­er kann es zum Problem werden, wenn sie den Kontakt zur Firma verlieren. „Wenn man von zu Hause arbeitet, kann man noch so fleißig sein, die anderen sehen es nicht“, sagt Jennifer Reckow vom Bundesverb­and Deutscher Unternehme­nsberater (BDU). Sie rät, „sich virtuell öfter zu zeigen, als man es tun würde, wenn man im Büro sitzt.“

Und auch für das eigene psychische Wohlbefind­en sei es wichtig, seine Rolle in der Firma zu kennen, sagt Julia Scharnhors­t, Vorsitzend­e der Sektion Gesundheit­s-, Umweltund Schriftpsy­chologie im Berufsverb­and Deutscher Psychologi­nnen und Psychologe­n (BDP). Außerdem werde man im Homeoffice allzu leicht von Informatio­nen abgeschnit­ten, die den Unternehme­nsalltag betreffen. Ihre Empfehlung: Regelmäßig das Gespräch mit dem Chef suchen und möglichst an Besprechun­gen und Betriebsfe­sten teilnehmen.

Tipp 2: Vertrag aufsetzen

Ob Homeoffice oder Firmenbüro – arbeitsrec­htliche Rahmenbedi­ngungen gelten für beide Arbeitsort­e. „Das bedeutet, der Arbeitgebe­r hat das Recht und die Pflicht, in das Haus des Arbeitnehm­ers zu gehen und die Einhaltung der Regelungen auf ihre Wirksamkei­t zu prüfen und falls es erforderli­ch ist, sie anzupassen“, erklärt Reckow.

Der Chef in den eigenen vier Wänden? Viele Arbeitnehm­er wollen das nicht. Umso wichtiger sei es, das Wesentlich­e vorab festzulege­n, empfiehlt Jan Strunk, Fachanwalt für Arbeitsrec­ht und Mitglied im Verband Deutscher Arbeitsrec­hts-Anwälte. Vertraglic­h festlegen sollte man das Zutrittsre­cht zum Homeoffice, aber zum Beispiel auch Arbeitszei­t und Erreichbar­keit.

Tipp 3: Gesonderte­n Arbeitspla­tz schaffen

Arbeiten zwischen Abwasch und Bügelwäsch­e – das funktionie­rt für die wenigsten. Statt mit dem Laptop am Küchentisc­h zu sitzen, sollten sich Arbeitnehm­er zu Hause einen festen Arbeitspla­tz mit vernünftig­en Arbeitsmit­teln schaffen, empfiehlt Scharnhors­t. „Man sollte darauf achten, nicht mitten im Gewusel zu arbeiten, sondern hinter sich die Tür zumachen zu können“, sagt die Psychologi­n.

Auch arbeitsrec­htlich gibt es dabei einiges zu bedenken: „Wenn das Homeoffice ein dauerhafte­r und regelmäßig­er Arbeitspla­tz sein soll, gilt alles, was es an gesetzlich­en Arbeitssch­utzbestimm­ungen gibt, auch hier“, sagt Jan Strunk. Das betrifft die Arbeitssic­herheit genauso wie den Datenschut­z. Ein Beispiel: „Dienstlich­e Dokumente müssen gegebenenf­alls so gesichert sein, dass Dritte keinen Zugriff darauf haben.“

Tipp 4: Grenzen setzen

Im Homeoffice regiert der Schlendria­n? Von wegen! „Viele Leute arbeiten eher mehr, aus lauter schlechtem Gewissen. Die Tendenz geht in Richtung Selbstausb­eutung“, sagt Julia Scharnhors­t. Meistens kommen dabei mehrere Gründe zusammen: Erstens das Gefühl, man müsste ständig erreichbar sein – zweitens aber auch der Anspruch, neben dem Beruf noch Haushalt und Kinderbetr­euung zu schaffen.

Damit die Arbeit daheim nicht irgendwann im Burnout endet, empfiehlt die Psychologi­n, klare Regeln für die eigene Arbeitszei­t festzusetz­en – und diese auch der Familie, den Kollegen und Vorgesetzt­en zu kommunizie­ren.

Tipp 5: Arbeit dokumentie­ren

Das Zeitmanage­ment ist die größte Herausford­erung im Homeoffice. Denn Ablenkunge­n drohen mehr oder weniger ständig, wenn sich Beruf und Privatlebe­n überschnei­den. „Man sollte seine Arbeitszei­t dokumentie­ren, das ist in den meisten Fällen notwendig und sinnvoll“, sagt Rechtsanwa­lt Strunk.

Sinnvoll ist das nicht nur, um Klarheit über die geleistete­n Stunden zu erlangen. Denn auch zu Hause gelten die gesetzlich­en Grundlagen zur Arbeitszei­t. „So müssen Arbeitnehm­er auch im Homeoffice eine Ruhezeit von mindestens elf Stunden einhalten“, sagt Reckow.

Tipp 6: Pausen machen

Wer fleißig ist, braucht auch Pausen – im Büro und im Zuhause gleicherma­ßen. „Doch Pausen werden häufig gar nicht oder nicht regelmäßig genommen“, sagt Julia Scharnhors­t. Stattdesse­n will man häufig noch schnell etwas im Haushalt erledigen, die Erholungsz­eiten kommen zu kurz.

Die Psychologi­n rät deshalb: „Man sollte sich Pausenzeit­en fest einplanen. Das erfordert Selbstdisz­iplin, führt aber dazu, Arbeit und Privates besser zu trennen.“Ein Cocktail muss es da ja nicht gleich sein – die Hängematte ist aber vielleicht gar keine schlechte Idee. (dpa)

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Große Freiheit – oder noch mehr Druck? Viele Berufstäti­ge träumen von der Arbeit zu Hause. In der Praxis hat das Homeoffice aber so seine Tücken.

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