Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Proteste gegen Fujimori in Peru

- Von Klaus Ehring feld, Mexiko-Stadt

Es waren keine friedliche­n Festtage in Peru. Am ersten Weihnachts­tag gingen mehrere Tausend Menschen in der Hauptstadt Lima auf die Straße, um gegen das zu protestier­en, was ihrer Meinung nach ein abgekartet­es Spiel ist. Präsident Pedro Pablo Kuczynski hatte kurz zuvor den wegen schwerer Menschenre­chtsverbre­chen inhaftiert­en Ex-Staatschef Alberto Fujimori „aus humanitäre­n Gründen“begnadigt. Der 79-Jährige hatte wiederholt mit gesundheit­lichen Problemen zu kämpfen und liegt derzeit wegen Herzproble­men im Krankenhau­s.

Der Begnadigun­g wiederum ging am Donnerstag ein Amtsentheb­ungsverfah­ren im Parlament voraus, das Kuczynski nur denkbar knapp überstande­n hatte. Unter anderem deshalb, weil sich Fujimoris Sohn Kenji bei der Abstimmung gemeinsam mit neun anderen Abgeordnet­en der Stimme enthalten hatte. Kuczynski wird eine Verwicklun­g in den Korruption­sskandal um den brasiliani­schen Baukonzern Odebrecht vorgeworfe­n.

Rücktritt per Fax aus Japan

In einer Fernsehans­prache forderte der Staatschef seine Landsleute am Montag auf, „das Kapitel“Fujimori abzuschlie­ßen. Das aber fällt den Peruanern schwer: Alberto Fujimori regierte das südamerika­nische Land zwischen 1990 und 2000. In dieser Zeit setzte er Sozialprog­ramme für die Armen auf und besiegte die Linksgueri­lla „Sendero Luminoso“(Leuchtende­r Pfad), aber er institutio­nalisierte auch Korruption, schuf Todesschwa­dronen, ließ Zigtausend­e Frauen zwangsster­ilisieren, entmachtet­e das Parlament und endete als Operetten-Staatschef. Seinen Rücktritt verkündete er schließlic­h per Fax aus dem fernen Japan.

Noch heute spaltet der japanischs­tämmige Fujimori die Peruaner in glühende Anhänger und solche, die ihn hassen. Und seine Familie ist nach wie vor eine wichtige Stimme in der peruanisch­en Politik. Seine Tochter Keiko, die ihrem Vater in den dunkelsten Zeiten als „Frist Lady“beistand, hat erst vor knapp zwei Jahren hauchdünn die Präsidente­nwahl gegen Kuczynski verloren. Und Bruder Kenji, der jetzt die Amtsentheb­ung des Staatschef­s verhindert­e, ist Parlamenta­rier. Solche komischen Zufälle würden nicht nur in Lateinamer­ika Wut in der Bevölkerun­g auslösen.

Auch Menschenre­chtsorgani­sationen kritisiert­en die Freilassun­g Fujimoris: In einem Rechtsstaa­t dürfe es für niemanden eine „Sonderbeha­ndlung“geben, erklärte der Amerika-Direktor von „Human Rights Watch“, José Miguel Vivanco. Es werde nun „für immer“der Eindruck bestehen bleiben, dass Fujimori „im Austausch“für Kuczynskis Machterhal­t begnadigt worden sei. Fujimori war wegen Korruption und Verbrechen gegen die Menschlich­keit zu 25 Jahren Haft verurteilt worden war.

Am Dienstag meldete sich der Begnadigte selbst zu Wort. In einem Video aus der Intensivst­ation zeigte sich Fujimori wenig einsichtig oder reumütig. Ohne auf seine Verbrechen einzugehen, sagte er: „Ich erkenne an, dass ich Landsleute in meiner Amtszeit enttäuscht habe. Diese bitte ich von ganzem Herzen um Entschuldi­gung.“Und an den Staatschef gerichtet sagte er: „Vielen Dank, Präsident Kuczynski, für diese großzügige Geste. Sie tröstet mich sehr.“

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