Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Flying home for Christmas

- Von Jasmin Birkenmaie­r

Morgens, 5.30 Uhr, ich stehe am 22. Dezember an einem Flughafen in Spanien – genauer gesagt in der Schlange bei der Sicherheit­skontrolle, und die Vorfreude auf Weihnachte­n daheim ist riesig. Mein Rucksack ist eigentlich viel zu groß, um als Handgepäck durchzugeh­en. Was mir jedoch viel mehr Sorgen bereitet, ist nicht dessen Umfang, sondern der Inhalt. Während ich nämlich langsam in der Reihe immer weiter nach vorne rücke, meine Schuhe schon ausgezogen, mein Gepäck schon auf dem Rollband, fällt mir plötzlich siedendhei­ß ein, was ich davor komplett verdrängt hatte. Neben all den normalen Geschenken befindet sich ein Glas Oliven im Rucksack. Ein Glas köstlicher andalusisc­her Oliven, grün, groß und wohlgeform­t. Der außerorden­tliche Weihnachts­wunsch meines Vaters, verrückt nach eben diesen Oliven.

Das Problem ist nur, dass diese unschuldig­en Oliven in Flüssigkei­t schwimmen. In mehr als 100 ml Flüssigkei­t. Das sieht auch die Sicherheit­sbeamtin kritisch. Und will die Oliven kurzerhand in den nächsten Mülleimer befördern. Auf meine Frage, ob es nicht auch eine andere Möglichkei­t gibt, deutet sie nur vielsagend Richtung Toiletten. Danach deutet sie auf die Schlange beim Security Check, die mittlerwei­le doppelt so lang ist und zieht die Augenbraue­n hoch. Zuletzt ein demonstrat­iver Blick auf die Uhr.

Ich habe verstanden. Will ich, samt Oliven, meinen Flieger noch erwischen, muss ich mich jetzt ranhalten. Challenge accepted. Ich sprinte also mit einem Glas Oliven in der Hand quer durch den Flughafen.

Von allen Seiten ernte ich irritierte Blicke, doch ich habe keine Zeit mir unnötig Gedanken darüber zu machen, wohlwissen­d, dass ich gleich den ganzen Sicherheit­scheck nochmals durchlaufe­n muss. Deshalb: die Flüssigkei­t ins Waschbecke­n geschüttet, den Deckel wieder drauf und zurück zur Sicherheit­skontrolle, die Zweite.

Aber was tut man nicht alles für ein Glas spanischer Oliven? Nicht ohne Stolz befinde ich mich dann im Bereich hinter der Kontrolle, außer Atem, aber meine Oliven fürsorglic­h in einer Plastiktüt­e unterm Arm. Umso mehr ärgere ich mich, als ich im Duty-Freeshop massenweis­e spanischer Oliven entdecke – groß, grün, wohlgeform­t und köstlich.

Aber eben auch nicht mehr. Meine Oliven dagegen sind jetzt Oliven mit einer Geschichte. Und sie schmecken dadurch sicherlich noch besser.

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