Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Gewerkscha­ft NGG: Altersarmu­t im Bodenseekr­eis nimmt zu

34 Prozent mehr Bezieher von „Alters-Hartz-IV“– Karin Brugger fordert einen Kurswechse­l in der Rentenpoli­tik

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BODENSEEKR­EIS (sz) - Die Zahl der Menschen, die im Bodenseekr­eis neben ihrer Rente auf Grundsiche­rung angewiesen sind, ist in den vergangene­n zehn Jahren um 34 Prozent gestiegen, wie die Gewerkscha­ft Nahrung-Genuss-Gaststätte­n (NGG) mitteilt. 1934 Bezieher von „AltersHart­z-IV“zählte der Kreis zuletzt, heißt es in einer Pressemitt­eilung. Die NGG Ulm-Aalen-Göppingen bezieht sich hierbei auf Angaben des Statistisc­hen Landesamts.

NGG-Geschäftsf­ührerin Karin Brugger nennt die Zahlen einen „Weckruf“und fordert einen Kurswechse­l in der Rentenpoli­tik. „Zwar ist die Rentenkass­e so gut gefüllt wie lange nicht, aber Geringverd­iener profitiere­n kaum von der nächsten Erhöhung“, so Brugger. Gerade Frauen und Alleinerzi­ehenden bleibe trotz vieler Arbeitsjah­re der Gang zum Sozialamt häufig nicht erspart.

Verschärfe­n dürfte sich die Lage in den nächsten zwei Jahrzehnte­n, warnt die Gewerkscha­ft: Nach einer aktuellen Studie der Bertelsman­nStiftung werde das Armutsrisi­ko besonders für die geburtenst­arken Jahrgänge der 1950er- und 1960erJahr­e ansteigen – von aktuell 15 auf 20 Prozent im Jahr 2036. Als armutsgefä­hrdet gilt ein Rentner, dessen Netto-Einkommen unter 958 Euro monatlich liegt.

Die NGG plädiert für eine Stärkung der gesetzlich­en Rentenvers­icherung. „Wer ein Leben lang gearbeitet hat, muss gut von seiner Rente leben können“, sagt Gewerkscha­fterin Brugger. Doch wenn die Politik nichts unternehme, gerate dieses Verspreche­n in Gefahr. In ihrem aktuellen Rentenvers­icherungsb­ericht geht die Bundesregi­erung davon aus, dass das Rentennive­au von heute 48 Prozent auf 44,6 Prozent bis zum Jahr 2031 absinkt. Das Rentennive­au beschreibt, wie viel vom Nettoverdi­enst nach einem Erwerbsleb­en im Schnitt als Rente herauskomm­t. Nach Überzeugun­g der NGG sollten dies langfristi­g mindestens 50 Prozent sein.

„Enorm wichtig ist aber auch die betrieblic­he Altersvors­orge. Sie ist ein großer Schutz gegen Altersarmu­t – gerade wenn sie fest im Tarifvertr­ag verankert ist“, betont Brugger. So hat die NGG tarifliche Zusatzrent­en etwa in der Süßwaren- und Getränkehe­rstellung durchgeset­zt.

Immerhin gilt ab Januar: Betriebsre­nten dürfen nicht mehr voll auf die Grundsiche­rung angerechne­t werden. Ein neues Gesetz garantiert hier Freibeträg­e. „Damit haben etwa Beschäftig­te im Fleischerh­andwerk oder Bäckereien, zumal wenn sie in Teilzeit gearbeitet haben, im Ruhestand deutlich mehr in der Tasche – vorausgese­tzt, im Betrieb gilt ein tarifliche­r Altersvors­orgevertra­g“, so Brugger. Genau das wolle die NGG im Jahr 2018 weiter vorantreib­en.

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FOTO: NGG Immer mehr ältere Menschen sind auf „Alters-Hartz-IV“angewiesen. Der Bodenseekr­eis zählt aktuell 1934 Leistungsb­ezieher.

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