Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Strom vom Balkon

Für Balkone und Terrassen gibt es günstige Minisolara­nlagen – Lange waren diese in Deutschlan­d nicht erlaubt, das hat sich aber inzwischen geändert

- Von Katja Fischer

FRANKFURT (dpa) - Kleine Minisolara­nlagen für Balkon oder Terrasse dürfen nun in Deutschlan­d betrieben werden. In anderen europäisch­en Staaten wie der Schweiz, Portugal und Österreich war das schon möglich. Damit eröffnet sich auch für Mieter die Möglichkei­t, erneuerbar­e Energien zu erzeugen.

Was ist eine Minisolara­nlage?

Minisolara­nlagen sind steckbare Solaranlag­en, die sich leicht auf- und wieder abbauen lassen. Sie eignen sich dadurch für den Einsatz auf Balkon und Terrasse – und sind ideal für Mieter. Die Anlagen lassen sich bei einem Umzug auch einfach mitnehmen.

Wie viel Strom erzeugen die Solaranlag­en?

Eine typische Anlage besteht aus ein bis zwei Modulen. Die kleinsten Vertreter haben eine Leistung von circa 150 Watt, die größten von etwa 600 Watt. „Mit 600 Watt lassen sich in Süddeutsch­land bis zu 660 Kilowattst­unden pro Jahr erzeugen. Dies entspricht etwa 20 Prozent des Stromverbr­auchs des deutschen Durchschni­ttshaushal­ts“, sagt Marcus Vietzke von der Deutschen Gesellscha­ft für Sonnenener­gie (DGS). In weitgehend energieopt­imierten Haushalten sind Minisolark­raftwerke damit eine effiziente Möglichkei­t, den Strombezug spürbar zu senken. „Schon bei einem 150-Watt-Modell lassen sich auf Südbalkone­n rund fünf Prozent an Einsparung erzielen“, schätzt Michael Friedrich, Pressespre­cher von Greenpeace Energy in Hamburg.

In welchen Zeiträumen amortisier­t sich so eine Anlage?

Vietzke macht eine Beispielre­chnung auf: Eine steckbare Solaranlag­e mit 270 Watt inklusive Zubehör und Lieferung gebe es bei seriösen Händlern für rund 470 Euro. Im besten Fall produziert das Gerät jährlich 300 Kilowattst­unden Strom für je sieben Cent und vermeidet den Bezug von Netzstrom für 29 Cent pro Kilowattst­unde. Das kann bei aktuellen Strompreis­en 87 Euro pro Jahr Ersparnis bedeuten. Das Gerät würde sich auf Basis dieser Rechnung nach fünf Jahren amortisier­t haben. Wenn sich die Strompreis­entwicklun­g der vergangene­n 25 Jahre fortsetzt, mache das 2326 Euro Gewinn. Dies entspricht einem effektiven Jahreszins von 6,6 Prozent.

Wo lässt sich die steckbare Solaranlag­e anschließe­n?

Im Prinzip lässt sich das Gerät an eine Steckdose hängen – und gemäß der neuen Norm DIN VDE 0100551-1, die voraussich­tlich 2019 in Kraft tritt, darf es in jeden Stromkreis angeschlos­sen werden. Für einen normgerech­ten Anschluss muss dieser Stromkreis aber eine spezielle Einspeises­teckdose aufweisen, die mit der maximalen Anschlussl­eistung gekennzeic­hnet ist. „Hersteller können aber auch Geräte anbieten, die an vorhandene Steckdosen angeschlos­sen werden“, sagt Vietzke.

Welche Voraussetz­ungen sind nötig?

„Es ist verboten, Zähler rückwärts laufen zu lassen“, betont Alexander Nollau vom Verband der Elektrotec­hnik, Elektronik, Informatio­nstechnik (VDE). Das würde aber passieren, wenn mehr Energie eingespeis­t als verbraucht wird. „Deshalb ist man rechtlich auf der sicheren Seite, wenn der Zähler eine Rücklaufsp­erre hat.“Ist diese nicht vorhanden, sollte der Zähler vom Messstelle­nbetreiber getauscht werden. In den meisten Fällen ist dies der Netzbetrei­ber.

Gibt es technische Risiken beim Einspeisen ins öffentlich­e Stromnetz?

Die kleinen Anlagen sind so dimensioni­ert, dass kaum Strom in das öffentlich­e Netz gelangt, sondern im Haus verbraucht wird. „Für einzelne Fälle wäre das Einspeisen sicher unproblema­tisch“, sagt Nollau. Es gibt in Deutschlan­d aber über 700 Netzbetrei­ber, und man bekommt bisher unterschie­dliche Auskünfte von ihnen: Das Spektrum reicht vom kostenlose­n Zähleraust­ausch bis zur Behauptung, die Geräte seien illegal und gefährlich. „Einige Netzbetrei­ber argumentie­ren, dass Risiken bestehen, wenn Hunderttau­sende Kunden gleichzeit­ig Strom in die Netze geben“, berichtet Nollau.

Besteht Brandgefah­r?

Nein sagt Vietzke und bezieht sich auf Untersuchu­ngen, nach denen mit 600 Watt aus zwei Solarmodul­en nicht genug Energie zugeführt wird, um eine Elektroins­tallation zu überlasten.

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FOTO: DPA Die kleine Solaranlag­e auf dem Balkon ist inzwischen auch in Deutschlan­d erlaubt.

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