Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Mehr als „das bisschen Haushalt“
Theatergruppe Hiltensweiler begeistert mit Rollentausch-Komödie
HILTENSWEILER - So ein spritziges Theaterstück wie Beate Irmischs dreiaktige Komödie „Alles, was das Herz begehrt“hat die Theatergruppe Hiltensweiler schon lange nicht mehr gespielt.
Kaum hat am Dienstagnachmittag bei der Vorpremiere im vollen RitterArnold-Saal das Spiel begonnen, waren die Zuschauer auch schon mitten drin in der Familie von Schreinermeister Schmoller. Bei den Schmollers zerren alle – von der Tochter bis zum Schwiegervater – an der gutmütigen Maria (Geli Hund). Kein Wunder also, dass die Mutter fast durchdreht. Nicht minder gestresst fühlt sich ihr Göttergatte (Josie Bentele), dem geschäftlich das Wasser bis zum Hals steht, was er natürlich nie zugeben würde. Wenn er einige markante Männersprüche von sich gibt – „Wenn d’Fraue mol 50 sind, sott mr se austausche gege zwoi Junge“– fühlt man sich gleich im richtigen Film.
Uschi Bucher zieht die Fäden
Film? Lebendiges Vollblut-Theaterspiel ist noch viel besser. Da kennen die meisten Besucher die Spieler, die sie über die Jahre in vielen Rollen erlebt werden konnten und ahnen, wie sie sich in brenzligen Situationen verhalten werden. Doch trotzdem spannen die Schauspieler ihre Zuschauer jedes Mal aufs Neue auf die Folter und überraschen mit neuen Seiten. Uschi Bucher, eine der bewährten Hauptdarstellerinnen, hat das Stück ausgesucht und wieder im Hintergrund die Fäden gezogen. An der Regie sind auch die Übrigen beteiligt, und ohne eigentlichen Regis- seur läuft es wie am Schnürchen. Absolut nichts wirkt überzogen, das amüsante Spiel bleibt nahe an der Wirklichkeit. Dazu sind alle Rollen genau passend besetzt und der Zuschauer hat seine helle Freude an der „aus dem Leben gegriffenen“Familie. So macht es besonders Spaß, die umtriebige Gruppe zu loben, die in der Vergangenheit auch mal Kritik schlucken musste und das nie in den falschen Hals bekommen hat.
Das Modell, das vorgeführt wird, ist nicht neu: Schreinermeister Schmoller hat sich mit seinen abschätzigen Bemerkungen über „das bisschen Haushalt“zu weit aus dem Fenster gelehnt und geht gar, obwohl sie „keine Ahnung vom Betrieb“ha- be, auf einen zweiwöchigen Rollentausch ein, der anders ausgeht als erwartet. Doch genug erzählt.
Uschi Bucher hat als Sekretärin Luise viel um die Ohren, vor allem durchschaut sie die Männer und spielt doch mit. Probleme machen Oma Else, Marias Mutter – von Kathi Spang schön aufgedreht gespielt – und Opa Viktor (Hubert Enzenmüller), der Seniorchef, der trotz seines reifen Alters noch immer hinter den Frauen her ist. Mittendrin das verzogene Töchterchen (Patricia Heim): Klar, dass sie der Mama nicht helfen kann, wenn sie doch dringend zum Joggen oder zum Frisör muss. Köstlich, was sie für schöne Augen machen kann, wenn sie gerade was braucht. Man wünscht sich nur, dass sie in die richtigen Hände kommt. Ein junger Mann wäre schon da: der aufgeweckte Geselle Hannes, der gerade seine Prüfung bestanden hat – ein Vergnügen, wie frisch auch Mathias Link mitspielt. Als sein Onkel Kasimir und früherer Konkurrent um Mutter Maria wird Elias Kessler dank Maske dem turtelnden Mitvierziger voll gerecht. Das Schönste durften die Zuschauer nicht erleben: das Lampenfieber kurz vorher hinter der Bühne. Doch dann fielen die ersten Sätze und es flutschte. Wenn erst die zwölf Vorstellungen im Ritter-Arnold-Saal vorüber sind, dürften sich annähernd 2000 Besucher über das Spiel amüsiert haben.