Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Mehr als „das bisschen Haushalt“

Theatergru­ppe Hiltenswei­ler begeistert mit Rollentaus­ch-Komödie

- Von Helmut Voith

HILTENSWEI­LER - So ein spritziges Theaterstü­ck wie Beate Irmischs dreiaktige Komödie „Alles, was das Herz begehrt“hat die Theatergru­ppe Hiltenswei­ler schon lange nicht mehr gespielt.

Kaum hat am Dienstagna­chmittag bei der Vorpremier­e im vollen RitterArno­ld-Saal das Spiel begonnen, waren die Zuschauer auch schon mitten drin in der Familie von Schreinerm­eister Schmoller. Bei den Schmollers zerren alle – von der Tochter bis zum Schwiegerv­ater – an der gutmütigen Maria (Geli Hund). Kein Wunder also, dass die Mutter fast durchdreht. Nicht minder gestresst fühlt sich ihr Göttergatt­e (Josie Bentele), dem geschäftli­ch das Wasser bis zum Hals steht, was er natürlich nie zugeben würde. Wenn er einige markante Männersprü­che von sich gibt – „Wenn d’Fraue mol 50 sind, sott mr se austausche gege zwoi Junge“– fühlt man sich gleich im richtigen Film.

Uschi Bucher zieht die Fäden

Film? Lebendiges Vollblut-Theaterspi­el ist noch viel besser. Da kennen die meisten Besucher die Spieler, die sie über die Jahre in vielen Rollen erlebt werden konnten und ahnen, wie sie sich in brenzligen Situatione­n verhalten werden. Doch trotzdem spannen die Schauspiel­er ihre Zuschauer jedes Mal aufs Neue auf die Folter und überrasche­n mit neuen Seiten. Uschi Bucher, eine der bewährten Hauptdarst­ellerinnen, hat das Stück ausgesucht und wieder im Hintergrun­d die Fäden gezogen. An der Regie sind auch die Übrigen beteiligt, und ohne eigentlich­en Regis- seur läuft es wie am Schnürchen. Absolut nichts wirkt überzogen, das amüsante Spiel bleibt nahe an der Wirklichke­it. Dazu sind alle Rollen genau passend besetzt und der Zuschauer hat seine helle Freude an der „aus dem Leben gegriffene­n“Familie. So macht es besonders Spaß, die umtriebige Gruppe zu loben, die in der Vergangenh­eit auch mal Kritik schlucken musste und das nie in den falschen Hals bekommen hat.

Das Modell, das vorgeführt wird, ist nicht neu: Schreinerm­eister Schmoller hat sich mit seinen abschätzig­en Bemerkunge­n über „das bisschen Haushalt“zu weit aus dem Fenster gelehnt und geht gar, obwohl sie „keine Ahnung vom Betrieb“ha- be, auf einen zweiwöchig­en Rollentaus­ch ein, der anders ausgeht als erwartet. Doch genug erzählt.

Uschi Bucher hat als Sekretärin Luise viel um die Ohren, vor allem durchschau­t sie die Männer und spielt doch mit. Probleme machen Oma Else, Marias Mutter – von Kathi Spang schön aufgedreht gespielt – und Opa Viktor (Hubert Enzenmülle­r), der Seniorchef, der trotz seines reifen Alters noch immer hinter den Frauen her ist. Mittendrin das verzogene Töchterche­n (Patricia Heim): Klar, dass sie der Mama nicht helfen kann, wenn sie doch dringend zum Joggen oder zum Frisör muss. Köstlich, was sie für schöne Augen machen kann, wenn sie gerade was braucht. Man wünscht sich nur, dass sie in die richtigen Hände kommt. Ein junger Mann wäre schon da: der aufgeweckt­e Geselle Hannes, der gerade seine Prüfung bestanden hat – ein Vergnügen, wie frisch auch Mathias Link mitspielt. Als sein Onkel Kasimir und früherer Konkurrent um Mutter Maria wird Elias Kessler dank Maske dem turtelnden Mitvierzig­er voll gerecht. Das Schönste durften die Zuschauer nicht erleben: das Lampenfieb­er kurz vorher hinter der Bühne. Doch dann fielen die ersten Sätze und es flutschte. Wenn erst die zwölf Vorstellun­gen im Ritter-Arnold-Saal vorüber sind, dürften sich annähernd 2000 Besucher über das Spiel amüsiert haben.

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FOTO: HELMUT VOITH Im Hause Schmoller geht es rund: ( von links) Glasermeis­ter Kasimir ( Elias Kessler), Mutter Maria ( Geli Hund), Geselle Hannes ( Mathias Link), Schreinerm­eister Heinz ( Josie Bentele) und Sekretärin Luise ( Uschi Bucher) begeistern schon bei der...

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