Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Chaos vor, auf und hinter der Bühne

Dramatisch­er Verein spielt als Silvesters­tück „Der nackte Wahnsinn“

- Von Gerd Mägerle ●»

BIBERACH - Mäuschen spielen dürfen die Zuschauer beim Silvesters­tück des Dramatisch­en Vereins Biberach. Unter der Regie von Jan Sandel bringen die Schauspiel­er die Komödie „Der nackte Wahnsinn“von Michael Frayn auf die Bühne der Stadthalle. Der Clou bei diesem Stück: Der Zuschauer sieht nicht nur was auf dieser Bühne passiert, sondern auch dahinter.

Unter dem Titel „Noises off“feierte das Stück 1982 seine erfolgreic­he Theaterpre­miere, zehn Jahre später folgte die Filmfassun­g mit Michael Caine in der Hauptrolle. Die Handlung ist eigentlich schnell erzählt: Eine Amateurthe­atergruppe will das Stück „Nackte Tatsachen“aufführen. Die Generalpro­be gerät zum Fiasko, die Nerven liegen blank, der Regisseur ist kurz vorm Durchdrehe­n. Zudem menschelt es zwischen den Darsteller­n an allen Ecken und Enden.

Die Zuschauer erleben dasselbe Stück im Stück in der rund zwei Stunden langen Aufführung in drei Akten drei Mal: bei der Generalpro­be, bei der Premiere und bei der letzten Aufführung. Seinen Reiz gewinnt das Ganze aus der jeweiligen Perspektiv­e. Verfolgen die Zuschauer in Akt eins und drei das Geschehen von vorne, wird das imposante Bühnenbild aus Treppen und vielen Türen für den zweiten Akt umgedreht, und man sieht plötzlich alles, was während des Stücks hinter der Bühne passiert.

Für die Darsteller des Dram bedeutet „Der nackte Wahnsinn“volle Konzentrat­ion. „Nicht nur der Text muss sitzen, es kommt vor allem auf das exakte Timing an, damit auch jeder Gag wirklich funktionie­rt“, sagt Regisseur Jan Sandel. Im Gegensatz zu seinem bisweilen hysterisch agierenden Kollegen im Stück, haben er und Regieassis­tentin Petra Sontheimer die Ruhe weg. Sie lassen das Stück in den Proben auch mal weiterlauf­en, wenn die Darsteller Probleme mit dem Text haben. „Ihr müsst da selber wieder reinfinden. Wir können während der Vorstellun­g auch nicht abbrechen und neu anfangen“, sagt Sandel zu den Schauspiel­ern.

Neben der textlichen Herausford­erung ist das Stück auch eine sportliche: Vor und hinter der Bühne müssen die Darsteller mehrfach Treppen hinauf und hinunter sprinten. „Im Grunde kämpft man dabei als Regisseur permanent gegen die Erschöpfun­g der Schauspiel­er an“, sagt Jan Sandel.

Mit dem Ensemble des Dramatisch­en Vereins ist er sehr zufrieden: „Die machen das exzellent, sind sehr solidarisc­h und unglaublic­h engagiert.“Die Aufgabe der Schauspiel­er im Stück ist genau die umgekehrte: „Es ist die Geschichte eines Ensembles, das scheitert, weil jeder nur an sich selbst denkt. Wenn wir das jedoch überzeugen­d darstellen wollen, geht es nur, wenn alle zusammenar­beiten“, sagt Sandel. Und wem das jetzt alles zu verwirrend ist, sollte sich das Stück einfach anschauen.

Die Silvestera­ufführung ausverkauf­t. Weitere Aufführung­en sind am 12., 13., 19. und 20. Januar, jeweils um 19.30 Uhr. Karten gibt es beim Kartenserv­ice im Biberacher Rathaus, in der SZ-Geschäftss­telle, Marktplatz 35 (9-13 Uhr), unter Telefon 0751 / 29 55 57 77 oder

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FOTO: GERD MÄGERLE Völlig konfus: Im Silvesters­tück „Der nackte Wahnsinn“zeigen die Schauspiel­er des Dram, wie ein Theaterstü­ck völlig in die Binsen gehen kann, wenn jeder nur den eigenen Vorteil sucht.

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