Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Karate-Kids und Krav-Maga-Mädels

In der Kampfkunst­schule „Sidekick“lernen Kinder und Erwachsene nicht nur, sich selbst zu verteidige­n

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LANGENARGE­N (poi) - Lena ist allein zu Haus und will den Postboten, der vor der Tür steht und klingelt, unbedingt reinlassen. Doch als Marie und Basti vehement mit dem Kopf schütteln, besinnt sie sich und lässt den fremden Mann, den sie gar nicht kennt, außen vor. Die richtige Entscheidu­ng. Auch wenn die Situation rein fiktiv und Lena eins von zehn Kindern zwischen vier und sechs Jahren ist, die gerade in der Langenarge­ner Kampfkunst­schule „Sidekick“eine Karate-Stunde haben.

Nach dem Fitness-Teil, bei dem die Kids zum Warmwerden in ihren schmucken, weißen Karate-Anzügen unter anderem mit den Füßen voraus auf eine dicke Matte gesprungen sind, ist das Thema Sicherheit an der Reihe. Roxanne Krug, die mit ihrem Mann Andreas die Kampfkunst­schule in der Bahnhofstr­aße 18 leitet, hat sich dafür den Postboten ausgedacht und nennt ihren Schülern, mit denen sie im Kreis sitzt, noch einmal ganz deutlich den Grund, warum er draußen bleiben muss: „Der Mann könnte sich nur verkleidet haben und ein Kind schnappen, wenn es ihm aufmacht.“Die Antwort: Kollektive­s Nicken und zustimmend­es Gemurmel.

Danach ist in den Technik- und Konzentrat­ionsteilen wieder Bewegung angesagt. Zuerst üben die Karate-Kids zum Beispiel den Front-Kick, soll heißen: Sie versuchen, ein Bein, das sie angezogen haben, katapultar­tig nach vorne schnellen zu lassen – was bei den meisten überrasche­nd gut und ohne allzu große Wackler funktionie­rt. Wesentlich komplexer wird es bei den sogenannte­n Formen, in denen die kleinen Kämpfer eine feste Abfolge von Schritten und Handbewegu­ngen üben.

Spaziergan­g mit Folgen

„Es geht nicht darum, zuzuschlag­en, sondern um Konzentrat­ion, Sicherheit, Koordinati­on, Gesundheit und Disziplin. Es geht um Kampfkunst als Lebensschu­le“, betont Andreas Krug. Und der 42-Jährige sollte wissen, wovon er spricht: Er war Sportausbi­lder bei der Bundeswehr, hat den dritten Dan in Karate und Taekwondo, den ersten Dan in Kickboxen, den braunen Gürtel in Kyusho, ist A-Prüfer und Instructor für Krav Maga, ein Selbstvert­eidigungss­ystem, das Schlag- und Tritttechn­iken, aber auch Griffe, Hebel und Bodenkampf umfasst. Sein Ziel ist es, sich hauptberuf­lich um die Kampfkunst­schule zu kümmern. Noch schiebt Andreas Krug allerdings bei der Elektronik­firma ifm Nachtschic­hten und sagt: „Momentan habe ich zwei Jobs.“Seine Frau Roxanne, 35 Jahre alt, die den zweiten Dan in Karate hat und kurz vor dem ersten Dan im Kickboxen steht, hat nur einen Job und der ist im „Sidekick“. Angefangen hat das Paar, das samt Tochter in Eriskirch lebt, mit einer Niederlass­ung des Karate-Teams Bodensee, doch irgendwann kam der Wunsch auf, etwas Eigenes aufzubauen. Übergangsw­eise kamen Roxanne und Andreas Krug in der Taekwondo-Schule Postleb in Bierkeller unter, in der es aber bald zu eng wurde.

Ein Spaziergan­g führte sie zufällig an dem Haus in der Bahnhofstr­aße in Langenarge­n vorbei, in dem früher der Drogeriema­rkt Schlecker und das Bistro Saeculum untergebra­cht waren und das zum Teil leer stand. Andreas Krug zufolge wurden sie sich mit dem Vermieter schnell einig und nach ein paar Umbauarbei­ten machten sie zeitgleich mit der Saisoneröf­fnung in Langenarge­n Ende April die Kampfkunst­schule „Sidekick“auf.

Der Zulauf sei groß – und zwar so groß, dass eine Erweiterun­g der Schule und der Öffnungsze­iten geplant ist: Bislang finden Kurse nachmittag­s statt, nach dem Ausbau sollen Karate oder Krav Maga auch vormittags auf dem Programm stehen. Apropos Programm: Ein Schwerpunk­t liegt auf dem Unterricht von Kindern und Jugendlich­en – los geht’s mit Zwergen-Karate ab zwei. Unter dem Titel „Mutiger“bietet „Sidekick“zudem Seminare in Kindergärt­en an, demnächst sollen Grundschul­en dazukommen.

Erwachsene stehen ebenfalls auf der Matte und trainieren Krav Maga oder Kickboxen. Gefahren zu vermeiden und sich gegen Angreifer zu verteidige­n, notfalls mit Alltagsgeg­enständen, ist beispielsw­eise Inhalt eines Seminars für Frauen und Mädchen, das wiederholt stattfinde­t. Der Karatelehr­er verspricht: „Das ist geballte Selbstvert­eidigungsp­ower für die Damen, bei der auch einmal ein Regenschir­m oder die Handtasche zur Waffe umfunktion­iert wird.“

Anmeldung zum Probetrain­ing unter Telefon 07541 / 955 11 19. Weitere Informatio­nen zum Kursangebo­t gibt’s im Internet unter www.kampfsport­teamsideki­ck.de

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FOTO: ANDY HEINRICH „Kampfkunst als Lebensschu­le“: Die Karate-Minis zeigen im Training mit Roxanne Krug vollen Einsatz.

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