Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Keine Alternative zu Ruhani
Die Proteste in Iran kamen für die meisten Beobachter überraschend: Trotz der anhaltenden Wirtschaftskrise gilt die islamische Republik als stabil. Mit eher mäßigem Erfolg konnte sich Präsident Hassan Ruhani gegen erzkonservative Rivalen behaupten. Politische Rückendeckung erhielt der für iranische Verhältnisse eher liberale Politiker aus Europa, wo man trotz Sperrfeuer aus Washington am Atomabkommen mit Iran festhalten will.
Dass US-Präsident Donald Trump die berechtigten Proteste als eine Chance für einen „Regime Change“betrachten würde, war zu erwarten. Doch wo sind die Alternativen? Soll nach dem Irak, der nach dem Sturz von Saddam Hussein im Chaos versank, ein weiteres Land im Mittleren Osten destabilisiert werden?
Nüchtern betrachtet gibt es zu Ruhani keine Alternative. Ohnehin ist es noch unklar, was die Demonstranten in Iran tatsächlich wollen und wie sich die Proteste weiterentwickeln werden. Die Wut der Iraner richtet sich in erster Linie gegen die verfehlte Wirtschaftspolitik ihrer Regierung und wohl nur sekundär gegen die Herrschenden in Teheran an sich.
Es war Ruhani, der jetzt das Recht der Iraner auf friedliche Proteste verteidigt hat. Man mag dies als Lippenbekenntnis abtun – könnte ihn aber auch beim Wort nehmen. Im Interesse der Stabilität im Mittleren Osten sollte sich Europa für Letzteres entscheiden, ohne die Protestbewegung in Iran im Stich zu lassen.