Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Nachrichten aus dem „Männerclub“
Katholischer Frauenbund nimmt „was Politisches“ins Programm – Sylvia Zwisler erzählt
TETTNANG - Mehr als 40 Frauen sind am Dienstagnachmittag ins Gemeindezentrum St. Gallus gekommen, um sich von der Tettnanger CDU-Gemeinderätin und stellvertretenden Bürgermeisterin Sylvia Zwisler über das Thema Frauen in der Politik informieren zu lassen. „Wir wollten mal etwas Politisches“ins Programm aufnehmen, betonte eingangs Gerlinde Frey vom Leitungsteam des katholischen Frauenbundes.
Das Interesse an dem Thema war groß. Denn: Immer noch ist das weibliche Geschlecht in Parlamenten unterrepräsentiert. Unter den 24 Mitgliedern des Tettnanger Gemeinderats (einschließlich des Bürgermeisters) befinden sich nur fünf Frauen. Im Kreistag sitzen nur acht mit 50 Männern. Im Bundestag belegen 490 Männer aber nur 290 Frauen die Stühle. Verschweigen wollen wir das extreme Ungleichgewicht im baden-württembergischen Landtag. Dabei sind 52 Prozent der 82 Millionen Deutschen weiblichen Geschlechts, müssten danach in den Parlamenten um die 50 Prozent Damen die Mikrofone beherrschen.
Zwar ist die Situation nicht mehr so frauenabstinent wie unter Konrad Adenauer, dessen erste drei Kabinette ohne Frauen auskamen. Erst mit dem Einzug von Gesundheitsministerin Elisabeth Schwarzhaupt war dieser Männerclub aufgebrochen. Doch Adenauer beharrte auch nach deren Dabeisein auf seiner morgendlichen Kabinettsbegrüßung mit den Worten: „Morjen, meine Herren“. Schwarzhaupts zarter Kritik an dieser Formulierung begegnete der Alte mit den Worten: „In diesem Kreis sind auch Sie ein Herr.“
Sylvia Zwisler zeigte ihren eigenen Werdegang und ihren zufälligen Weg in die Politik auf, trotz Beruf und Familie mit zwei kleinen Kindern. Vom nicht einfachen Weg in diese politische Männerwelt, in der ihre nicht stromlinienförmige Meinung nicht immer gefragt war. Sie war früh überzeugt, nur auf Augenhöhe im Gemeinderat diskutieren zu können und deshalb die Gemeindeordnung kennen zu müssen. Sie interessierte sich dort unter anderem für die Themen Haushalt und Finanzen, wobei ihr der Beruf der Betriebswirtin zugute kam. Mit der höchsten Stimmenzahl war sie wiederholt in den Gemeinderat eingezogen und als Mitglied der stärksten Fraktion anschließend zur ersten stellvertretenden Bürgermeisterin gewählt worden, obwohl sie, wie sie gestand, „keine Ahnung“davon hatte, was da auf sie zukommen würde. Sie ist Mitglied im Bezirksvorstand der Union und war Zweitkandidatin für den Landtag. Dabei verschwieg sie nicht den hohen Zeitaufwand und Idealismus, der damit aufzubringen ist.
Noch vor der Pause des spannenden Nachmittags ging die Lokalpolitikerin auf die aktuellen Tettnanger Themen ein. Von der „sehr gut ankommenden Karlstraße“(die freilich nicht das Ende der Notwendigkeiten ist) bis zur Verdichtung und Infrastruktur (Lebensmittelmarkt, Tiefgarage), bezahlbarem Wohnraum, dem Wunsch der älteren Generation, wieder in die Innenstadt ziehen zu wollen und einem Gestaltungsbeirat, der vom Gemeinderat für einen zunächst zweijährigen Probelauf beschlossen wurde, um nicht nur zu bauen und zu verdichten, sondern auch schön zu bauen.
Sylvia Zwisler stellte auch das Projekt BORA vor, in dem sich Frauen aus dem Bodenseekreis und dem Landkreis Ravensburg parteiübergreifend „Mitwirkung mit Wirkung“zum Ziel gesetzt haben. Widerlegt sieht sie die Meinung, Frauen seien weicher und weniger durchsetzungsfähig als Männer, am Beispiel der Kanzlerin und Verteidigungsministerin.