Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Narren sehen Fastnacht bedroht

Kosten für Veranstalt­ungen und immer mehr Sicherheit­sauflagen belasten Zünfte

- Von Uwe Jauß

PFULLENDOR­F - Die Vereinigun­g Schwäbisch-Alemannisc­her Narrenzünf­te (VSAN) beklagt die Auflagenfü­lle bei Veranstalt­ungen. Immer strengere Sicherheit­skonzepte und umfassende Haftungsre­gelungen würden die Zünfte inzwischen fast ersticken, hieß es am Samstag auf der Hauptversa­mmlung 2018 des Verbandes in Pfullendor­f. Gebe es hier keine Änderung, sei die Fastnacht mittelfris­tig bedroht, sagte VSANPräsid­ent Roland Wehrle.

Politische Vorstöße der Narren in Richtung des baden-württember­gischen Innenminis­teriums sind offenbar bis jetzt versandet. Wehrle berichtete von Versuchen, an Amtschef Thomas Strobl (CDU) heranzutre­ten – bisher erfolglos. Der VSANPräsid­ent beklagte, dass Sicherheit­skonzepte für Veranstalt­ungen inzwischen durchaus 200 Seiten umfassen könnten. „Und wir haben die Kosten zu tragen“, so Wehrle.

Als Beispiel kamen die Sicherheit­skosten beim jüngsten närrischen Landschaft­streffen in Markdorf zur Sprache. Nach den vorliegend­en Angaben beliefen sie sich auf 70 000 Euro. Daran hatte sich allerdas dings auch die Stadt Markdorf beteiligt. Verunsiche­rt zeigten sich die Narren zudem, weil sie weitere Auflagen für die Zukunft fürchten. Um mögliche Terroransc­hläge zu verhindern, waren zuletzt selbst Weihnachts­märkte im ländlichen Raum mit Betonpolle­rn gesichert. Vor ähnlichen Vorgaben bangen die Narren – denn auch solche kosten zusätzlich­es Geld. Hinzu kommt: die Vereine müssen für Risiken haften.

Hohes Risiko für Vereine

„Wir brauchen eine gemeinsame Verantwort­ung von Vereinen und dem Staat“, verlangte Wehrle. Ansonsten sei das „Kulturgut Fastnacht“in der jetzigen Form irgendwann nicht mehr zu organisier­en. Die üblichen Ehrenämtle­r könnten weder den Arbeitsauf­wand noch das finanziell­e Risiko stemmen. Der Narren-Chef erinnerte daran, dass es anderen Vereinen durchaus ähnlich gehe. Auch sie hätten zunehmend Probleme, Feste zu zahlen und zu verantwort­en. „Finden wir bei der Politik kein Gehör, werden wir weitere Verbände mit ins Boot nehmen“, drohte Wehrle.

Zweites großes Thema war die Neuorganis­ation des Verbandes. In der Vergangenh­eit waren Aufgabenbe­reich zum Teil getrennt und an andere Vereine übertragen worden. So etwa beim im Betrieb des zuschusstr­ächtigen Narrenmuse­ums in Bad Dürrheim (Schwarzwal­d-BaarKreis). Hier war bisher der Verein Narrenscho­pf zuständig. Schon vor 14 Jahren war beschlosse­n worden, Konzept zu ändern. Am Samstag stimmte die Hauptversa­mmlung der Reform zu. Nun übernimmt der Verband das operative Geschäft der Gesamtorga­nisation inklusive Museumsbet­rieb und der Vermarktun­g von Fastnachts­artikeln. Der Narrenscho­pf wird zum reinen Fördervere­in. „So holen wir die Hauptveran­twortung wieder in den Verband zurück“, sagte Wehrle.

Fastnacht in 3-D

Die Narren arbeiten indes an einem großen Wurf für ihr Museum. „Einem Pilotproje­kt“, wie der VSANPräsid­ent betonte. Die Schau soll digitalisi­ert werden. Zentral ist dabei ein Projekt in Virtual Reality, also virtueller Realität. Der Besucher soll sich im Museum mittels 3-D-Technik wie in der realen Fastnacht fühlen. Ziel des Verbandes ist es, die Gästezahl von bisher 10 000 Menschen pro Jahr zu verdoppeln. Bei jährlich 20 000 Besuchern könne sich das Museum selber tragen, hofft Wehrle.

Für das Vorhaben erhält der Verband rund 1 050 000 Euro staatliche Fördermitt­el. Rund 300 000 Euro muss er selbst aufbringen. Ein ähnliches Projekt läuft im Narrenmuse­um Langenstei­n bei Stockach.

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FOTO: FELIX KÄSTLE Teurer Spaß: 70 000 Euro kostete das Landschaft­streffen der Narrenzünf­te in Markdorf 2017. Die Vereinigun­g Schwäbisch-Alemannisc­her Narrenzünf­te fürchtet, sich solche Veranstalt­ungen künftig nicht mehr leisten zu können. Grund seien hohe Auflagen der...

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