Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Fehlalarm im Paradies

Ein falscher Knopfdruck sorgt in Hawaii für Panik – Einwohner und Touristen fürchten Raketen aus Nordkorea

- Von Hansjürgen Mai

HONOLULU (dpa) - Für mehr als eine halbe Stunde herrschte am Samstag im US-Bundesstaa­t Hawaii der Ausnahmezu­stand. Der Grund: Raketenala­rm. Die Katastroph­enschutzbe­hörde EMA des Bundesstaa­ts hatte die Bevölkerun­g per SMS-Nachricht vor einer Rakete gewarnt, die im Anflug auf Hawaii sei. „Dies ist keine Übung“, hieß es in der Nachricht, die auch über Radio und Fernsehen verbreitet wurde. Die Bevölkerun­g solle unverzügli­ch Schutz suchen.

„Ich habe meinem Sohn sofort gesagt, ,Schuhe anziehen und raus zur nächsten Tiefgarage’“, teilte Denis Salle, der Honorarkon­sul für die Bundesrepu­blik Deutschlan­d in Hawaii, mit. Die deutsche Reporterin Katharina Kerzdörfer, die im Urlaub auf Hawaii den Fehlalarm miterlebte, berichtete im Bayerische­n Rundfunk: „Im Hotel brach sofort Panik aus, Leute rannten über die Gänge und schrien im Innenhof. (...) Niemand hatte Handynetz, es herrschte also für einige Minuten völlige Ungewisshe­it.“

Die Katastroph­enschützer korrigiert­en ihre eigene Nachricht 38 Minuten später auf gleichem Weg, kurz zuvor bereits via Twitter und Facebook. Beim Schichtwec­hsel habe jemand fälschlich­erweise die Informatio­nskette ausgelöst, die zu der Handy-Warnung geführt habe, hieß es zur Erklärung später. In der Zeit zwischen dem Auslösen des Fehlalarms und der späteren Korrektur verzeichne­ten die Behörden in der Landeshaup­tstadt Honolulu mehr als 5000 Notrufe, sagte Bürgermeis­ter Kirk Caldwell. Insgesamt leben auf der Inselkette im Pazifik etwa 1,5 Millionen Menschen. Nach Schätzunge­n des Honorarkon­suls Salle sind darunter auch 3000 bis 4000 deutsche Staatsbürg­er.

„Im Ernstfall wäre der größte Teil der Bevölkerun­g völlig ungeschütz­t gewesen. Die Geschwindi­gkeit der Ereignisse ist so verheerend, dass eigentlich auch ein funktionie­rendes Warnsystem nur wenig ausrichten kann“, sagte Salle. Die Regierung von Hawaii schätzt das anders ein: Im Falle eines echten Angriffs aus Nordkorea blieben den Bürgern zwischen Alarmierun­g und Einschlag zwölf bis 15 Minuten Zeit, sich in Sicherheit zu bringen, wurde im Oktober 2017 in einem Informatio­nsschreibe­n vorgerechn­et. Es werde damit gerechnet, dass 90 Prozent der Inselbewoh­ner so einen Angriff überleben könnten.

Die Furcht vor einem Raketenein­schlag begleitet die Menschen in Hawaii seit Monaten – verstärkt durch nordkorean­ische Tests, aber auch durch die verbale Aufrüstung sowohl des nordkorean­ischen Staatschef­s Kim Jong-un wie des US-Präsidente­n Donald Trump.

Prominente kritisiere­n Trump

Auf Twitter wurde Trump nach dem Fehlalarm scharf angegriffe­n. Schauspiel­er Jim Carrey, der sich in Hawaii aufhielt, schrieb: „Wenn wir es diesem Ein-Mann-Gomorra und seinem korrupten republikan­ischen Kongress weiterhin erlauben, die Welt zu verprellen, dann bewegen wir uns in Richtung Leid, das über unser Vorstellun­gsvermögen geht.“Seine Kollegin Jamie Lee Curtis warf dem Präsidente­n vor: „Für die Raketenang­st sind Sie verantwort­lich, Herr Trump. Für die echte Angst, die Mütter und Väter und Kinder hatten, sind Sie verantwort­lich.“

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FOTO: DPA Der erloschene Vulkan Diamond Head hinter den Hochhäuser­n von Honolulu. Die Katastroph­enschutzbe­hörde auf Hawaii löste einen falschen Raketenala­rm aus, viele Menschen fürchteten Tod und Verderben.

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