Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Finanzbran­che hat noch Probleme bei neuem Verbrauche­rschutz

Pflichten der Banken zum Schutz der Anleger sorgen dafür, dass Zehntausen­de Wertpapier­e zurzeit nicht handelbar sind

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BERLIN (dpa) - Die Finanzbran­che hat Probleme bei der Umsetzung der seit Jahresbegi­nn geltenden neuen Richtlinie­n zum Verbrauche­rschutz im Wertpapier­handel. Deshalb ist Privatanle­gern derzeit der Zugang zu Tausenden Wertpapier­en versperrt, die sie im Vorjahr noch kaufen konnten, wie die „Welt am Sonntag“berichtet.

Hintergrun­d sind gesetzlich­e Vorgaben mit dem Kürzel Mifid II, die Anfang 2018 in Kraft traten. Danach müssen die Anbieter (Emittenten) von Finanzprod­ukten unter anderem schriftlic­h darlegen, zu welchem Anlegertyp ihr Fonds oder ihr Zertifikat passt.

Denn der Bankberate­r etwa muss beim späteren Verkauf in einer „Geeignethe­itserkläru­ng“festhalten, warum er einem Kunden ein bestimmtes Produkt empfohlen hat und warum die Bank es angesichts der persönlich­en Risikobere­itschaft und der Kapitalmar­kterfahrun­g des Kunden für geeignet hält. Liegen den Banken nicht alle notwendige­n Informatio­nen vor, können sie das Wertpapier nicht vertreiben.

Bei der Direktbank ING-Diba stehen rund 80 000 Wertpapier­e nicht zur Verfügung, wie das Unternehme­n der Zeitung bestätigte. Auch die Onlineanbi­eter Comdirect und Consorsban­k räumten demnach Lücken ein, ohne genaue Zahlen zu nennen. Insgesamt könnten Anleger hierzuland­e allerdings aus mehr als 1,5 Millionen Produkten wählen, hieß es.

Laut „Welt am Sonntag“sind es keineswegs nur Nischenanb­ieter, die bislang nicht lieferten. Auch ETF Securities als einer der größten Indexfonds­anbieter in Europa habe Probleme mit der Umsetzung der neuen Vorgaben. Seit Anfang Januar könnten deutsche Anleger keine Anteile an den 733 Fonds der Briten kaufen. Noch Anfang der neuen Woche wolle man die fehlenden Informatio­nen liefern, teilte die Fondsgesel­lschaft mit.

Aufsicht mit Augenmaß

Mifid II ist die Kurzbezeic­hnung für eine EU-Richtlinie (Markets in Financial Instrument­s Directive), die in deutsches Recht umgesetzt wurde. Hauptziele sind Anlegersch­utz und mehr Transparen­z in den Märkten. Als Lehre aus der letzten Finanzkris­e 2007/08 soll etwa verhindert werden, dass Anlegern Produkte verkauft werden, ohne sie ausreichen­d über Risiken aufzukläre­n. Wertpapier­käufer haben auch Anspruch auf genaue Angaben zu den Kosten eines Finanzprod­ukts.

Im Herbst des vergangene­n Jahres hatte die Finanzaufs­icht Bafin betont, das Ganze sei zwar eine „große Kraftanstr­engung“für die Branche, aber insgesamt sei man auf gutem Wege. Sollte es nach dem Jahreswech­sel hier und da doch noch haken, trete die Behörde für eine Aufsicht mit Augenmaß ein.

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FOTO: IMAGO Handelssaa­l der Frankfurte­r Börse.

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