Schwäbische Zeitung (Tettnang)

US-Automarkt fährt 2018 ins Minus

Bei der ersten Branchensc­hau des Verkaufsja­hres in Detroit fehlt die Euphorie

- Von Hannes Breustedt und Jan Petermann

DETROIT (dpa) - Die Luft scheint erst einmal raus zu sein aus dem USAutogesc­häft. Billiger Sprit und günstige Finanzieru­ngsverträg­e lockten Kunden in den vergangene­n Jahren noch in Scharen in die Autohäuser – aber jetzt droht dem Boom die Puste auszugehen.

Erstmals seit der Finanzkris­e gingen die Verkäufe auf dem US-Markt 2017 zurück – wenngleich auf hohem Niveau. Auch einige deutsche Autobauer taten sich zuletzt schwer, so dass ein weiteres Abflauen der Autokonjun­ktur in den Vereinigte­n Staaten recht ungelegen käme.

Bei der Motorshow in Detroit, die ab heute offiziell ihre Tore öffnet und die das traditione­lle Schaulaufe­n der Hersteller zum Auftakt des Autojahres ist, dürfte deshalb nicht an allen Ständen ausgelasse­ne Stimmung herrschen. Denn trotz der Glitzerkul­isse mit protzigen SUVs, Pick-upTrucks und Luxusschli­tten, die in der US-Industriem­etropole präsentier­t werden, sieht der Ausblick für die Branche eher trüb aus.

Nach einem Rekordwert von 17,55 Millionen verkauften Neuwagen im Vorjahr fiel der US-Absatz 2017 um 1,8 Prozent auf 17,23 Millionen Stück. Dem Analysehau­s IHS Markit zufolge wurde damit zwar erstmals drei Jahre in Folge die 17-Millionen-Marke geknackt. Dass dies erneut gelingen kann, gilt allerdings als unwahrsche­inlich: Die Experten des US-Autohandel­sriesen Cox Automotive rechnen für 2018 mit einem Neuwagenab­satz von rund 16,7 Millionen Autos. Es werde wohl keine große Verschlech­terung geben, die Autokonjun­ktur bleibe insgesamt robust. „Aber wir werden keinen Anstieg der Zahlen sehen.“

Zinsen und Ölpreise dämpfen

Zwei entscheide­nde Faktoren sprechen 2018 für eine Abkühlung. Zum einen rechnen Ökonomen im Schnitt mit höheren Ölpreisen, die sich auch an den Tanksäulen bemerkbar machen dürften. Teureres Benzin schlägt in den USA – wo die VerkaufsCh­arts seit Jahren von schwergewi­chtigen Spritschlu­ckern angeführt werden – in der Regel schnell auf den Neuwagenab­satz durch. Zum anderen dürften steigende US-Leitzinsen Autokredit­e verteuern, was sich ebenfalls bemerkbar machen kann, weil viele Fahrzeuge auf Pump gekauft werden. „Wenn die Zinssätze anziehen, wird das die Finanzieru­ngsbedingu­ngen für die Kunden schwierige­r machen“, heißt es bei Cox.

Dazu kommt, dass der Bedarf an Neuwagen allein schon aufgrund der starken Verkaufsza­hlen der vergangene­n Jahre abnehmen dürfte. „Der US-Automarkt ist gesättigt, auf 1000 Amerikaner kommen 750 Fahrzeuge“, sagt Ferdinand Dudenhöffe­r von der Uni Duisburg-Essen. Ohnehin habe Amerika im internatio­nalen Vergleich an Bedeutung verloren: „Nicht mehr die USA sind das Land der unbegrenzt­en Möglichkei­ten für die Autobauer, sondern China und der Rest Asiens.“

Hoffnung machen der Branche indes die neuen Steuergese­tze der Trump-Regierung. Sie reißen zwar riesige Löcher in den Staatshaus­halt. Davon sollen neben Konzernen zunächst aber auch die US-Bürger profitiere­n. „Viele Verbrauche­r werden Lohnerhöhu­ngen wegen der Steuerrefo­rm erhalten“, glaubt Mustafa Mohatarem, Chefvolksw­irt von General Motors. Das werde die Autoverkäu­fe 2018 auf hohem Niveau halten. Mit einem Absatzplus rechnet aber auch Mohatarem nicht.

Obwohl „Made in Germany“in den USA trotz des Dieselskan­dals weiter als Qualitätsp­rädikat gilt, hatten die großen deutschen Hersteller bei den jüngsten Verkaufser­folgen nicht gerade die Nase vorn. Daimler und BMW genießen weiter ein gutes Image im Oberklasse­segment, wurden in den vergangene­n zwei Jahren aber deutlich weniger Autos los. Volkswagen berappelte sich 2017 immerhin wieder, nachdem die Affäre um manipulier­te Abgaswerte den Absatz hatte einbrechen lassen.

„Die große Wachstums-Story waren die Verkäufe der deutschen Autobauer in den letzten Jahren in den USA nicht“, sagt Dudenhöffe­r. Zwar hätten die Hersteller ihren Marktantei­l 2017 leicht gesteigert, doch es handele sich trotzdem um den zweitschle­chtesten Wert seit acht Jahren.

„Ein gewisser Trump-Einfluss“

Ein Grund für die aktuelle Schwäche der Deutschen sind laut Willi Diez vom Institut für Automobilw­irtschaft Modellwech­sel, deretwegen sich Käufer zunächst zurückhalt­en. Eine weitere mögliche Ursache: „Ein gewisser Trump-Einfluss. Manch Manager könnte sich fragen: „Ist es politisch noch opportun, wenn ich mir ein deutsches Premium-Modell kaufe?“Diese Debatte ist nicht ganz ohne Wirkung geblieben.“

Die Dieselkris­e spiele hingegen nur eine geringe Rolle, da sind sich Fachleute wie Diez und Dudenhöffe­r einig. Der Antrieb habe in den USA weiter wenig Bedeutung. Der Chef des Lobbyverba­nds VDA, Matthias Wissmann, sieht die Entwicklun­g dennoch positiv: „Die deutschen Hersteller haben 2017 ihren US-Absatz gegen den Trend auf 1,35 Millionen Neuwagen leicht gesteigert und ihren Marktantei­l auf fast acht Prozent erhöht“, sagte er.

Klar ist: Ein verhaltene­res US-Autogeschä­ft würde den globalen Absatz belasten. Die Ratingagen­tur Moody’s warnte schon im Herbst, dass ein Schrumpfen des US-Markts um nur 0,6 Prozent das globale Wachstum der Autobranch­e auf unter zwei Prozent drücken dürfte.

„Der US-Automarkt ist gesättigt.“

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FOTO: DPA Automesse in Detroit: Schon im vergangene­n Jahr ist der Automobila­bsatz in den USA geschrumpf­t. In diesem Jahr rechnen Experten mit deutlich stärkerem Gegenwind.

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