Schwäbische Zeitung (Tettnang)

18 Prozent mehr Organspend­er: Bayern widersetzt sich dem Trend

Im europäisch­en Vergleich schneidet Deutschlan­d schlecht ab – Spanien ist führend mit fast 47 Spendern pro eine Million Einwohner

-

BERLIN (dpa) - Im Vergleich mit anderen europäisch­en Ländern steht Deutschlan­d schlecht da – nicht erst, seit die Zahl der Organspend­er 2017 einen neuen Tiefpunkt erreicht hat. Nach den Statistike­n der Deutschen Stiftung Organtrans­plantation (DSO) gab es nur 797 Spender, 60 weniger als im Vorjahr. Das ist der niedrigste Stand seit 20 Jahren.

„Leider werden wir erstmals unter die Marke von zehn Spendern pro eine Million Einwohner rutschen. 2017 sind es 9,7“, sagte Axel Rahmel, Medizinisc­her Vorstand der DSO. In der Historie der Stiftung sei das, gerechnet ohne die Anfangsjah­re der Organspend­e vor mehr als 30 Jahren, noch nie passiert. „Im internatio­nalen Vergleich war Deutschlan­d bisher im unteren Mittelfeld. Jetzt stehen wir im Vergleich fast hinter allen anderen westeuropä­ischen Ländern. Das ist eine dramatisch­e Entwicklun­g“, ergänzte er.

Die Entwicklun­g der Organspend­erzahlen in Deutschlan­d war 2017 regional insgesamt allerdings sehr unterschie­dlich. Bayern, das Transplant­ationsbeau­ftragte erstmals für ihre Aufgabe freigestel­lt hatte, verzeichne­te einen Anstieg der Organspend­erzahlen um 18 Prozent – der höchste Wert unter allen Bundesländ­ern. Auch Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland verzeichne­ten eine Zunahme der Spender. In BadenWürtt­emberg gab es 95 Spender, zwei weniger als im Vorjahr. Insgesamt wurden 2017 in Baden-Württember­g 307 Organe gespendet. Da einem Spender mehrere Organe entnommen werden können, meldete Deutschlan­d 2017 laut DSO insgesamt 2594 Nieren, Lebern, Lungen oder Herzen an die internatio­nale Vermittlun­gsstelle Eurotransp­lant. 2016 waren es noch 2867 Organe.

Weltweit führend im Bereich Organspend­e ist nach eigenen Angaben Spanien mit 46,9 Spendern pro eine Million Einwohner im Jahr. Das bedeute eine Steigerung um acht Prozent seit 2016 und sei eine weitere neue Bestmarke, teilte das spanische Gesundheit­sministeri­um vergangene Woche mit. Dort gilt die Widerspruc­hslösung: Menschen müssen es explizit dokumentie­ren, wenn sie gegen eine Organentna­hme nach ihrem Tod sind. Dieses Vorgehen forderte SPD-Gesundheit­sexperte Karl Lauterbach im Gespräch mit dem Berliner Büro der „Schwäbisch­en Zeitung“auch für Deutschlan­d.

Die Bundesrepu­blik steht beim Organausta­usch über Eurotransp­lant im Verbund mit Belgien, Kroatien, Luxemburg, die Niederland­e, Österreich, Ungarn und Slowenien.

„Obwohl 2017 für Werbung und Organisati­on mehr als 100 Millionen Euro ausgegeben wurden, liegt die Organspend­e am Boden“, kritisiert­e Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientens­chutz. Dennoch werde das Thema im Sondierung­spapier von Union und SPD mit keinem Wort erwähnt. Angesichts von 10 000 Schwerstkr­anken auf der Warteliste gebe es dringenden Handlungsb­edarf. Das Transplant­ationssyst­em gehöre in staatliche Hände, forderte Brysch. Nur so könne das Vertrauen in der Bevölkerun­g und bei den Klinik-Medizinern wiederherg­estellt werden.

 ?? FOTO: DPA ?? Hier zu unterschre­iben kann Leben retten.
FOTO: DPA Hier zu unterschre­iben kann Leben retten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany