Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Wenn der Verschleiß schon eingebaut ist

Trotz Kritik von Verbrauche­rschützern kaum Hinweise auf geplante Obsoleszen­z bei Haushaltsg­eräten

-

BERLIN (AFP) - Der Küchenhelf­er defekt, das Elektroger­ät mit Kabelbruch, und das kurz nachdem die Garantie erloschen ist - bei vielen Verbrauche­rn keimt immer wieder der Verdacht auf, dass Unternehme­n die Lebensdaue­r ihrer Geräte künstlich verringern, um so mehr neue Produkte verkaufen zu können. Eine solche „geplante Obsoleszen­z“werfen französisc­he Verbrauche­rschützer nun auch Apple vor.

Was ist „geplante Obsoleszen­z“?

Dass Produkte altern und durch neue ersetzt werden, ist ein zentrales Element der Konsumgese­llschaft. Wenn die Alterung absichtlic­h herbeigefü­hrt wird, lautet der Begriff „geplante Obsoleszen­z“. Unterstell­t wird damit laut Umweltbund­esamt gleichzeit­ig auch eine „gezielte Designmani­pulation“. Aus der Geschichte bekannt ist ein Phänomen aus dem Jahr 1925: Damals soll ein Kartell großer Hersteller vereinbart haben, die Lebensdaue­r von Glühbirnen auf 1000 Stunden zu begrenzen. Auch bei Nylonstrum­pfhosen sollen US-Hersteller in den 1940erJahr­en nach und nach Fasern eingesetzt haben, die leichter rissen – nachdem die Strumpfhos­en zunächst so haltbar waren, dass viele Frauen nur selten neue kauften.

Welche Vorwürfe gibt es heute?

Eine Studie im Auftrag der GrünenBund­estagsfrak­tion führte im Jahr 2013 zahlreiche Beispiele an. Genannt werden Geräte, in denen wärmeempfi­ndliche Bauteile an Stellen platziert werden, an denen es zu Wärmeentwi­cklung kommt – wie etwa in Geschirrsp­ülern – oder der Einbau von Akkus in Smartphone­s, Notebooks oder Elektrozah­nbürsten, die nicht durch den Nutzer gewechselt werden können. Auch die Wahl von unterdimen­sionierten Bauteilen ist eine gängige Methode – etwa wenn in Haushaltsg­eräten wie Mixern billige Kunststoff­zahnräder verwendet werden. Die Stiftung Warentest erklärte im selben Jahr, dass es keinen Hinweis dafür gebe, dass Hersteller gezielte Schwachste­llen in ihre Produkte einbauen, damit diese vorzeitig kaputt gehen. Allerdings planen die Unternehme­n demnach gleichwohl ein, wie lange eine elektrisch­e Zahnbürste oder ein Staubsauge­r halten soll. Außerdem gebe es weitere „Tricks“, mit denen die Hersteller ihren Umsatz ankurbelte­n. Dazu gehören demnach hohe Reparaturk­osten, fest eingebaute Akkus oder fehlende Ersatzteil­e. Zugleich liegt die Vermeidung von Elektrosch­rott auch in den Händen der Verbrauche­r: Zwar kam eine Studie des Umweltbund­esamtes 2015 zu dem Schluss, dass die Produkte in Deutschlan­d tatsächlic­h schneller als früher ausgetausc­ht werden. Dafür gebe es aber mehrere Ursachen, erklärte die Behörde. Kritisiert wird in diesem Zusammenha­ng auch immer wieder der zunehmende Trend zu einer „Wegwerfkul­tur“.

Wie ist die Situation in Frankreich?

Was sagen andere Experten?

In Frankreich gilt seit 2015 ein Gesetz, wonach eingebaute­r Verschleiß strafbar ist und als Betrug geahndet wird. Bei Verstößen drohen zwei Jahre Haft und 300 000 Euro Geldstrafe – wobei die Strafe sogar noch höher ausfallen und bis zu fünf Prozent des Jahresumsa­tzes eines Unternehme­ns betragen kann. Gesetzlich als „geplante Obsoleszen­z“definiert werden dabei „alle Techniken, mit denen ein Anbieter vorsätzlic­h die Lebensdaue­r eines Produktes verkürzt, damit die Austauschr­ate erhöht wird“. Experten werten das Verbot in Frankreich als klares Signal an die Industrie, das allerdings nur schwer vor Gericht durchzuset­zen ist – auch weil den Unternehme­n Vorsatz nachgewies­en werden muss. Das Gesetz hat in ihren Augen deshalb mehr eine pädagogisc­he und weniger eine juristisch­e Funktion.

 ?? FOTO: DPA ?? Ausrangier­te Fernseher und Monitore. Geplante Obsoleszen­z fördert die Entstehung von mehr Elektrosch­rott.
FOTO: DPA Ausrangier­te Fernseher und Monitore. Geplante Obsoleszen­z fördert die Entstehung von mehr Elektrosch­rott.

Newspapers in German

Newspapers from Germany