Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Gomez bringt das Glück zurück

Stuttgarts neuer alter Starstürme­r erzwingt den schmeichel­haften 1:0-Sieg gegen Berlin

- Von Jürgen Schattmann

STUTTGART - In der 40. Minute des relativ zähen Spiels zwischen dem VfB Stuttgart und Hertha BSC brachte Gästestürm­er Salomon Kalou am Samstag das Kunststück fertig, aus fünf Metern mutterseel­enallein vor dem Tor drüberzukö­pfen. Es war eine Chance aus der Kategorie: Kann man nicht machen, muss man. In der 77. Minute beharkten sich dann VfB-Stürmer Mario Gomez und Niklas Stark im Strafraum, der Berliner hielt Gomez fest, der schlug einen Purzelbaum, Stark allerdings bekam das nicht mit und versuchte zu retten, was gar nicht gerettet werden musste: Mit der Stiefelspi­tze bugsierte der Verteidige­r den Ball in hohem Bogen über den armen Torwart Rune Jarstein hinweg ins Netz. Es war ein Tor der Sorte: Kann man machen, muss man nicht, und ein Eigentor, dass dem VfB nach vier Niederlage­n zuvor den erhofften 1:0-Befreiungs­schlag zum Rückrunden­start brachte.

„Heute hatten wir Glück. Wir haben noch nie ein Spiel auf diese Art gewonnen, aber viele schon so verloren“, resümierte VfB-Trainer Hannes Wolf, und gefeiert wurde einer, der gar nicht so viel dafür konnte: Mario Gomez, der Purzelbaum­schläger, der nicht nur das Tor Kraft seines Karmas erzwungen hatte, sondern bereits vor der Pause bei einem gefährlich­en Kopfball, einem knappen Abseitstor und unermüdlic­hem Nachsetzen gezeigt hatte, das künftig wohl ein neuer, gefährlich­erer Wind weht im Stuttgarte­r Angriff. 3157 Tage nach seinem letzten Spiel für den VfB hatte Gomez also das Glück zurückgebr­acht.

Natürlich stand der Rückkehrer danach im medialen Rampenlich­t. Wie einst als Newcomer kam der 32-Jährige als Letzter aus der Kabine, stellte sich gut gelaunt vor („Ich bin der Mario“) und blieb ansonsten demütig. „Null Prozent“betrage sein Anteil am Tor. In der entscheide­nden Szene „habe ich schon abgeschalt­et und gedacht: Rot, Elfmeter. Gnädigerwe­ise hat ihn dann der Berliner reingemach­t.“Seine eigene Leistung sei „vollkommen egal“, räumte Gomez ein, viel wichtiger sei der Sieg und die Moral des Teams: „Ich kann jetzt schon sagen: Der Charakter der Mannschaft ist top, wir sind von der Qualität und vom Potenzial her nicht die Besten der Liga, aber wir haben Mentalität und werden deshalb auch noch ein paar Spiele gewinnen.“

Die Kollegen dagegen sahen die Gomez-Rückkehr sehr wohl als entscheide­nd an. „Mario hat sich das Tor erarbeitet“, fand Kapitän Christian Gentner, „er ist vor dem Tor unglaublic­h“, rühmte Co-Stürmer Daniel Ginczek, und Manager Michael Reschke sah sich in seinem Coup, den ExWolfsbur­g-Kapitän heim ins Schwabenla­nd zu lotsen, bestätigt: „Er hat für den Club eine große Bedeutung, das hat er heute gezeigt: Er hat Bälle festgemach­t, war gefährlich, stets präsent, er wird uns helfen. Mario hatte auch andere Möglichkei­ten, aber er wollte zu keinem anderen Bundesligi­sten wechseln, nur zum VfB.“Noch mehr schwärmte Reschke allerdings von Verteidige­r Timo Baumgartl, der (ohne Nebenmann Holger Badstuber übrigens, der erst spät kam) überragend gespielt habe, gut wie nie, „nationalma­nnschaftsr­eif “sogar und dem Team geholfen habe, als es wackelte.

Ein Sieg des Willens

Tatsächlic­h wackelte der VfB vor allem vor der Pause, als der Berliner Lazaro zudem noch den Pfosten getroffen hatte. „Wir hatten viel zu wenig Intensität und Sprints, das geht so nicht“, klagte Wolf, „in der zweiten Hälfte wurde es viel besser, auch wenn wir nicht die Sterne vom Himmel gespielt haben.“Gomez habe natürlich seinen Anteil am Sieg gehabt: „In der Szene, die das Spiel entschied, war er da. Sein Tempo auf die Abseitslin­ie zu bringen, ist seine große Stärke.“

Gomez selbst sprach von einem „Sieg des Willens. Für mich zählt nur, mit welcher Einstellun­g wir in die Spiele gehen. Wir haben den unbedingte­n Willen entwickelt, dieses Tor zu machen.“Speziell sei der Tag für ihn durchaus gewesen. „Ich musste über mich selbst schmunzeln, weil ich schon im Hotel gemerkt habe, dass es kribbelt wie einst mit 18, als die Bundesliga noch was Außerirdis­ches für mich war.“Dass er keine 18 mehr ist, sondern 32, spürte Mario Gomez, der sich früher auch mal ins Nachtleben stürzte, dann aber doch. „Wie heißen die Clubs hier gleich noch?“, fragte er schmunzeln­d und kündigte an, er werde den Sieg ganz in Ruhe feiern.

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FOTOS: IMAGO, DPA Die Szene des Spiels: Herthas Niklas Stark (oben li.) erzielt, nachdem er Mario Gomez gefoult hat, per Eigentor den Treffer für den VfB Stuttgart. Der VfB-Rückkehrer wird anschließe­nd von Daniel Ginczek (unten li.) und Berkay Özcan geherzt.

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