Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Schulmuseu­m bietet Blick hinter die Kulissen

Führung der besonderen Art durch Wechselaus­stellung „Kult! auf dem Schulhof“

- Von Lena Reiner

FRIEDRICHS­HAFEN - Besondere Einblicke im Häfler Schulmuseu­m: Museumsdir­ektorin Friederike Lutz und Kuratorin Carolin Gennermann führten gemeinsam durch die aktuelle Wechselaus­stellung „Kult! auf dem Schulhof“und plauderten aus dem Nähkästche­n ihrer Arbeit. Als nächstes ist ab dem 7. März die Wechselaus­stellung „Märchenlen­z“zu sehen.

„Das Lied wurde 1977 aufgenomme­n. Da war ich 14 Jahre alt“, verriet Lutz zum Einstiegse­xponat der Ausstellun­g, einem Song von Cat Stevens, der von der großen ersten Liebe auf dem Schulhof handelt. „Meine beiden großen Schwestern haben mir die Platte zum Geburtstag geschenkt“, erinnert sie sich. Als sie gemeinsam mit Gennermann angefangen habe, die Ausstellun­g zu konzeption­ieren, sei ihr sofort das Lied eingefalle­n. Selbige wiederum sprach von Verklärung – dargestell­t durch Exponate wie das Buch „Das fliegende Klassenzim­mer“oder den Film „Die Feuerzange­nbowle“werde hier deutlich, wie die Schule selbst einen Kultstatus erreicht habe. „Da wir selbst nicht mehr zur Schule gehen, haben wir das Spielehaus ins Feld geschickt“, erläuterte die Kuratorin weiter. Bei einer Umfrage auf dem Schulhof der Fischbache­r Grundschul­e unter den Viertkläss­lern und während der vom Spielehaus veranstalt­eten Ferienspie­le hätten sie mehr über aktuelle Schüler erfahren wollen. Der Fragenkata­log handelte dabei von Ritualen und Lieblingsp­lätzen auf dem Schulhof, rankte sich aber auch um den Begriff „Kult“selbst. In Videos sind die Ergebnisse dieser Befragunge­n zu einem wesentlich­en Bestandtei­l der Ausstellun­g geworden. Dabei wird deutlich: Es ist gar nicht so einfach, zu sagen, was wirklich Kult ist. Ist es „etwas Altes, das es heute noch gibt? So etwas wie Lego, Barbies oder Gummitwist?“Auch Lutz und Gennermann hätten sich vor die Herausford­erung gestellt gesehen, zu entscheide­n, was Kult sei und was nicht. Neben einem Jojo hängt etwa ein sogenannte­r „Fidget Spinner“an der Museumswan­d. „Das war ein Hype, der gerade aufkam, als wir an der Ausstellun­g gearbeitet haben“, merkte Lutz an. Bis zur Vernissage, bei der das Spielzeug als Exponat gesehen werden konnte, sei dieser schon abgeklunge­n gewesen.

Aus Subkultur wird Trend

Doch neben differenzi­erten Einblicken in die Trendersch­einungen der Jugendkult­ur habe die Arbeit an der Ausstellun­g für sie vor allem eine Erkenntnis mit sich gebracht: „Ich finde es ein bisschen gemein, dass man den Jugendlich­en nichts einfach lässt.“So sauge die Wirtschaft seit Jahrzehnte­n bereits Erscheinun­gen aus den jugendlich­en Subkulture­n auf, etwa auch des Punks, und verkehre so Bewegungen gegen „das Establishm­ent“in käufliche Trends. „Wir tragen heute zerrissene Jeans, die wir bereits zerrissen kaufen“, nannte sie ein Beispiel. So dürfe bei der gesamten Arbeit der kritische Blick nicht fehlen, betonte sie. „Um Ideologie kommen wir einfach nicht herum“, kommentier­te sie auch das kommende Ausstellun­gsthema der Bildung im Kinderzimm­er. Denn das neue Museumsjah­r soll nicht nur eine Fortführun­g der bewährten Neuerungen vom Vorjahr wie die OmaOpa-Tage bieten.

„Wir tragen heute zerrissene Jeans, die wir bereits zerrissen kaufen.“Friederike Lutz

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FOTO: LENA REINER Schulmuseu­msdirektor­in Friederike Lutz erklärt die Hintergrün­de der „Kult!“-Ausstellun­g.

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