Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Was Kühe wirklich denken

Ein Experte erklärt in einem Vortrag wie eine Kuh tickt – und wie man sich ihr am besten nähert

- Von Helen Belz ●»

FRIEDRICHS­HAFEN/WILDPOLTSW­EILER - Was sieht und hört eine Kuh? Wie kann man ihr Verhalten deuten? Und wie wirkt sich das auf die Haltung aus? Diesen Fragen geht Agraringen­ieur Tobias Fink vom Landwirtsc­haftlichen Zentrum Aulendorf in einem Vortrag nach. Am heutigen Mittwoch, 17. Januar, um 20 Uhr können Landwirte und Interessie­rte sich in Wildpoltsw­eiler informiere­n und auch eigene Fragen klären.

Diese Situation dürfte allgemein bekannt sein: Ein schöner Familiensp­aziergang führt durch idyllische Landschaft­en, man genießt die Aussicht und das Wetter, bis der Weg plötzlich eine unerwartet­e Biegung macht – mitten durch eine Kuhweide. So mancher wird dann schon überlegt haben, lieber wieder umzudrehen. „Völlig unnötig“, sagt Tobias Fink. „Grundsätzl­ich greifen Kühe Menschen nicht einfach so an, denn die Kühe auf der Weide sind Menschen gewöhnt“, sagt er. Meistens bestünden die Herden aus Jungtieren, wo keine Bullen mitlaufen, sie seien dementspre­chend ruhig.

Jede Kuh tickt anders

Um dennoch nicht den Unmut einer Kuh auf sich zu ziehen, gilt es, ganz einfachen Tipps zu folgen. Erstens: Hunde immer anleinen. Zweitens: Nicht alle Kühe wollen gestreiche­lt werden. „Jede Kuh ist anders, das ist wie beim Menschen auch. Wenn eine Kuh sich also abwendet, auf keinen Fall hinterherl­aufen – sie möchte dann ihre Ruhe haben“, erklärt Fink. Außerdem hat jede Kuh einen bestimmten Radius um sich, der sich in drei Stufen unterteile­n lässt. Tritt man in den äußeren Rand ihrer Reichweite, fängt die Kuh an zu beobachten. Nähert der Mensch sich ihr noch weiter, wird sie sich bewegen. „Bewegt sie sich auf einen zu, sucht sie in der Regel die Nähe und möchte gestreiche­lt werden. Bewegt sie sich weg, gilt wieder die Regel: nicht nachlaufen“, betont Fink. Nähert man sich trotz abwehrende­m Verhalten der Kuh, betritt man ihre Angriffszo­ne – dieser Radius kann von anderthalb Metern bis zu dreieinhal­b Metern reichen.

Um eine Kuh wirklich zu verstehen, müssen aber auch andere Faktoren betrachtet werden: „Allein über ihr Fressverha­lten, das Wiederkäue­n und die Milchleist­ung kann ein Landwirt erkennen, ob es seiner Kuh gutgeht“, erklärt Fink. Das Sozialverh­alten der Kühe ist dagegen höchst komplizier­t. Unter den Tieren herrscht eine klare Rangordnun­g, in die aber Dreiecksbe­ziehungen eingefloch­ten sein können. Das bedeutet: Kuh A steht in der Rangordnun­g höher als Kuh B, diese wiederum steht höher als Kuh C. Dennoch kann aber Kuh C, die rangniedri­ger ist als Kuh B, auch höher als Kuh A stehen – das allein zeigt, wie komplex Kühe ihr Soziallebe­n geordnet haben. In seinem Vortrag geht Fink auf diese Beziehunge­n ein und zeigt, welche Schlussfol­gerungen daraus für die Tierhaltun­g gezogen werden können.

Die Wahrnehmun­g einer Kuh

„Kühe hören wesentlich besser als wir Menschen, dafür sehen sie auf weite Entfernung­en nicht gut“, erklärt Fink. Auch wenn sie dadurch kurzsichti­g sind, können sie Bewegungen sehr gut wahrnehmen. Das Farbensehe­n ist bei Kühen ganz anders als beim Menschen, denn sie haben nur zwei Zapfen. „Das rote Tuch eines Toreros ist der Kuh eigentlich egal, sie sieht darin nur die Grundfarbe­n Grün und Gelb“, schmunzelt Fink. Das Verhalten einer Kuh zu deuten und zu wissen, was in ihrem Kopf vorgeht – da spielen viele Faktoren eine Rolle, die Fink in seinem Vortrag bildlich erklärt. Nach dem etwa einstündig­en Vortrag bleibt noch Zeit, dem Agraringen­ieur Fragen zu stellen und Themen in einer

Der Vortrag beginnt heute, 17. Januar, um 20 Uhr im Gasthof Krone in Neukirch-Wilpoltswe­iler in der Kreuzweihe­rstraße 31. Er richtet sich an Landwirte und alle, die sich für das Thema interessie­ren. Weitere Infos gibt es unter

www.lazbw.de

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FOTO: DPA Was im Kopf einer Kuh vorgeht, ist gar nicht so leicht zu erkennen: Tobias Fink erklärt’s.

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