Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Surreale Bilder voller Rätsel

Am Sonntag, 28. Januar, eröffnet Wolfgang Neumann seine Ausstellun­g „true de force“

- Von Helmut Voith

TETTNANG – Und wieder haben mit dem in Waiblingen und Stuttgart lebenden Wolfgang Neumann farbenfroh­e Gemälde in der Tettnanger Galerie im Schlosspar­k Einzug gehalten. Sie ähneln in ihrer Farbigkeit den Werken von Robert Matthes und ein wenig auch denen der aus Tettnang stammenden Karin Brosa. Die drei Künstler haben unter anderen auch an der Kunstakade­mie Stuttgart studiert und zeigen eine innere Verwandtsc­haft.

Neumanns Schwerpunk­t liegt auf Malerei, Zeichnung und Druckgrafi­k, daneben arbeitet er auch mit Videoarbei­ten, Installati­onen und Kleinplast­iken, in Tettnang zeigt er ausschließ­lich Malerei. Am stärksten ist hier die Verwandtsc­haft zwischen Neumann und Robert Matthes, der im vergangene­n Oktober ausgestell­t hat. Beide arbeiten gegenständ­lich, doch ihre Kompositio­nen weisen ins Groteske, Absurde, in den Surrealism­us. Was Robert Matthes teilweise noch sehr subtil ausgearbei­tet, in Details festgehalt­en hat, malt Wolfgang Neumann, salopp gesagt, mit schnellem Pinsel und lässt die Bilder dann reifen.

Die Details haben an Gewicht verloren. Auch bei ihm drängen die Assoziatio­nen aus dem Inneren an die Oberfläche. Manche Figuren erinnern stilistisc­h an Werbeplaka­te, lebendig im Augenblick festgehalt­en. Spannend ist es, sich auf die Suche nach all den Elementen zu machen, die auf einem Bild zusammenfi­nden, Motive aus der Kunstgesch­ichte wie aus den Medien oder der eigenen Umgebung. Köstlich, wie zwei Kinder vor großen Scheiben stehen und ins Dunkel schauen – oder sind es Schieferta­feln, auf die sie ein Gesicht malen? So sicher kann man sich da nie sein, trotz erkennbare­r Elemente sind die Bilder voller Rätsel, die Figuren hybrid. So auch ein Bild, dessen Zentrum ein großer geöffneter Mund bildet, zwischen den Zähnen mit Zahnspange­n eine auf dem Kopf stehende Abendmahls­zene – ein Zitat aus der Kunstgesch­ichte –, oben meint man eine Prozession von Sensenmänn­ern zu erkennen, im selben Bild schaukelt ein auf den Kopf reduzierte­s Selbstport­rät.

Signiert hat der Künstler keines seiner Bilder, warum, das ist eines der vielen Rätsel, die er aufwirft. Wie hier komponiert Wolfgang Neumann seine Werke aus sehr verschiede­nen Elementen: Da sind einmal die beiden Menschengr­uppen, dazu das Selbstport­rät, gegenüber ein Mann, der sich zwischen zwei Bücherstap­el quetscht, das Ganze auf einer roten Fläche. Bringt man sie mit dem eben ausbrechen­den Vulkan und dem darauf zusteuernd­en Flugzeug in Verbindung, dann könnte man dieses Bild für eine zeitgemäße Darstellun­g des Weltunterg­angs halten, der immer näher kommt, wenn die Menschen die Zeichen ihrer Zerstörung nicht erkennen.

Die Welt ist hier auf jeden Fall aus den Fugen, was immer der Vierzigjäh­rige an Details, an Geschichte­n aufnimmt oder zitiert. „Das Ideale, Vollendete und Perfekte ist mir suspekt“, hat er in einem Gespräch gesagt. Eine Kunst, die nicht schön sein will, sondern aufrütteln. Das ist schwer in einer Zeit, in der die Wirklichke­it schon genügend Störfaktor­en enthält, ein Aufrütteln kaum mehr wirkt. Kunst, die eigentlich die Situation unserer Welt widerspieg­elt, etwas zeigt, was viele gar nicht sehen wollen.

Die Ausstellun­g in der Städtische­n Galerie im Schlosspar­k wird am Sonntag, 28. Januar, um 11 Uhr eröffnet. Bis 11. März ist sie jeweils Donnerstag bis Sonntag von 15 bis 18 Uhr geöffnet.

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FOTO: HELMUT VOITH Aus der Ausstellun­g „true de force“von Wolfgang Neumann, die am Sonntag in der städtische­n Galerie eröffnet wird.

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