Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Mehr als 10 000 Metaller legen Arbeit nieder
Knapp 2500 Streikende versammeln sich zur Kundgebung der IG Metall am Maybachplatz
FRIEDRICHSHAFEN - Mehr als 10 000 Mitarbeiter metallverarbeitender Betriebe sind am Mittwoch dem Aufruf der IG Metall gefolgt und haben zeitweise ihre Arbeit niedergelegt. Damit erhöhten sie im aktuellen Tarifstreit kurz vor Beginn der nächsten Verhandlungsrunde den Druck auf die Arbeitgeber. Knapp 2500 Streikende versammelten sich zu einer Kundgebung auf dem Maybachplatz in Friedrichshafen.
Die Sonne strahlt, der Glühwein dampft, auf dem Grill brutzeln die ersten Würstchen und die „Dicken Fische“verbreiten musikalisch gute Laune. Zur Volksfestatmosphäre fehlt eigentlich nur noch eine Schießbude. Dass in den nächsten Minuten scharf geschossen wird, davon ist allerdings trotzdem auszugehen. Wenngleich nur verbal. Denn die Scharen von Menschen, die kurz nach 10 Uhr nach und nach den Maybachplatz füllen, sind nicht zum Feiern gekommen – sondern um ein Zeichen zu setzen. Das lässt sich unschwer an ihren roten Kappen und Fähnchen, ihren Trillerpfeifen und Bannern ablesen.
Von den mehr als 10 000 Beschäftigten, die an diesem Tag ihre Arbeit bei ZF, MTU, Zeppelin und weiteren metallverarbeitenden Betrieben niedergelegt haben, sind etwa 2500 auf den Maybachplatz gekommen, um für das zu kämpfen, was ihnen nach eigenem Bekunden zusteht: unter anderem sechs Prozent mehr Lohn und das Recht, bei Bedarf die eigene Wochenarbeitszeit bei teilweisem Lohnausgleich zeitlich befristet auf 28 Stunden zu reduzieren. Die Jugendund Auszubildendenvertreter fordern außerdem einen freien Tag vor Prüfungen.
Nachdem die „Dicken Fische“verstummt sind, ergreift als erster Redner jener Mann das Mikrofon, von dem sich die Streikenden erhoffen, dass er für sie am Verhandlungstisch einen dicken Fisch an Land zieht. Auch wenn der sich bislang mit aller Kraft dagegen wehrt. „Keinen Millimeter“hätten sich die Arbeitgeber bewegt, schimpft ZF-Betriebsratsvorsitzender Achim Dietrich. Weshalb die Gewerkschaft mit dem Aufruf zum Streik den Druck nun erhöht. „Bei ZF geht heute nichts mehr“, stellt Dietrich unter dem Jubel der Beschäftigten fest. Und wenn sich die Haltung der Arbeitgeber nicht ändere, dann gehe wirklich gar nichts mehr. „Wir sind diejenigen, die den Erfolg der Unternehmen durch unsere Arbeit garantieren. Und wir wollen unseren Teil abbekommen“, sagt Dietrich. „Ihr seid die, die jeden Tag das Geld verdienen, das die Unternehmen als Gewinn ausweisen“, formuliert es Achim Zinser, freigestellter Betriebsrat bei MTU.
„Sind bereit, weiterzukämpfen“
„Wir sind bereit, weiterzukämpfen“, macht Enzo Savarino, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Friedrichshafen-Oberschwaben, deutlich. Die große Beteiligung der Beschäftigten an der Kundgebung lässt nicht nur sein Herz lachen, sondern auch die Sonne. „Über Friedrichshafen lacht heute die Sonne, über unsere Arbeitgeber lacht die halbe Welt“, sagt Savarino. Die Beschäftigten erbrächten in den Betrieben jeden Tag, jede Minute Spitzenleistungen, nun werde es auch höchste Zeit für ein spitzenmäßiges Angebot der Arbeitgeber.