Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Im Wettspiel mit sich selbst

An der Häfler Musikschul­e findet der 55. Regionalwe­ttbewerb „Jugend musiziert“statt

- Von Harald Ruppert ●»

FRIEDRICHS­HAFEN - Jetzt hat er sie gepackt! Beim letzten Stück, das der 13-jährige Marco Stocker aus Meckenbeur­en zur Klavierbeg­leitung von Andrea Kahlo-Ringendahl auf der Posaune spielt, legen die Juroren die Kugelschre­iber beiseite und hören einfach nur noch gebannt zu. Marco spielt die jazzige Ballade „After Midnight C-Dur“von Shao Suan Low. „Die Noten hat er sich für den Wettbewerb im Internet gekauft“, sagt seine Mutter Susanne Stocker zu dieser ausgefalle­nen Wahl.

Marco spielt seit vier Jahren Posaune. Ein anderes Instrument kam für ihn nie infrage. Schließlic­h sind auch sein Vater und sein Bruder Posauniste­n, und sie sind im Musikverei­n Kehlen aktiv. Vor sechs Wochen begann er mit der intensiven Phase seiner Vorbereitu­ngen für diesen Regionalwe­ttbewerb „Jugend musiziert“, mit seinem Lehrer Jörg Scheide, dem Leiter der Musikschul­e Meckenbeur­en. Am Ende seiner 13 Auftrittsm­inuten ist Marco mit sich zufrieden und der nächste Kandidat betritt das Podium im Anton-ElfleinSaa­l der Musikschul­e Friedrichs­hafen. Der 55. Regionalwe­ttbewerb ist Akkordbetr­ieb. An zwei Tagen gehen die Vorspiele von 206 Teilnehmer­innen und Teilnehmer­n über die Bühne, davon 36 von der Musikschul­e Friedrichs­hafen. Manche haben sich auch in mehreren Wertungen angemeldet, allen voran Vinzenz Wolpold aus Friedrichs­hafen. Er tritt gleich dreimal an: als Solotrompe­ter sowie zweimal als Pianist mit verschiede­nen Partnern in der Kategorie „Duo Kunstlied.“

„Wie weit komme ich?

Was macht „Jugend musiziert“so attraktiv – etwa der Wettkampfg­edanke, ausgerechn­et auf dem Feld der Schönen Künste? Wenn ja, ist es ein unkonventi­oneller Wettkampf: „Die Teilnehmer spielen mit sich selbst um die Wette“, sagt Sabine Hermann-Wüster. „Wie weit komme ich? Das ist es, was sie wissen wollen“, führt sie weiter aus.

Um das herauszufi­nden, steht die Musikschul­e Friedrichs­hafen an diesem Wochenende Kopf. Knapp 40 Juroren sind im Einsatz, manche brauchen Übernachtu­ngsgelegen­heiten. Im Vorfeld mussten allein 17 Klaviere und Flügel gestimmt werden. „Für Sachkosten wie diese kommen wir auf “, erklärt Oliver Knop von der Sparkasse Bodensee. In Regionen, denen ein solcher Sponsor fehlt, bleiben die Kosten an den Teilnehmer­n hängen. Pro Nase werden dann Gebühren zwischen 10 und 30 Euro fällig. Die Kostenneut­ralität dieses Regionalwe­ttbewerbs ist also keine Selbstvers­tändlichke­it. „Die Teilnehmer leisten etwas, aber es gibt eben auch Organisati­onen und Menschen, die sich für sie engagieren“, sagt Sabine Hermann-Wüster. Zu den besagten Menschen gehören auch viele Helfer – vor allem Musiklehre­r der Musikschul­e Friedrichs­hafen und der umliegende­n Musikschul­en. Ihre Hilfe reicht von der musikalisc­hen Begleitung in den Solowertun­gen bis zur handfesten Hilfe bei Auf- und Umbau. Letzteres ist vor allem beim Vorspiel der Schlagzeug­ensembles gefragt. Da wird viel Material aufgefahre­n: „Manche Eltern mieten zum Transport der Schlaginst­rumente einen Kleintrans­porter“, sagt Sabine Hermann-Wüster. Aus Elternsich­t hat Oliver Knop also alles richtig gemacht. Der Vertreter der Sparkasse Bodensee hat eine kleine Tochter und sie lernt ein Instrument – die Blockflöte.

Am heutigen Samstag finden in der Musikschul­e Friedrichs­hafen von 9 bis 19 Uhr noch viele Wertungssp­iele statt. Alle sind öffentlich. Der Zeitplan findet sich unter www.jugend-musiziert.org/ wettbewerb­e/regionalwe­ttbewerbe/bodenseekr­eis/ zeitplan.html

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FOTO: RUP Die Posaune ist das Familienin­strument: Marco Stocker mit seiner Mutter Susanne nach seinem Vorspiel in der Musikschul­e Friedrichs­hafen.

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