Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Eine Entwicklung im Spannungsfeld
Gewerbegebiet soll erweitert werden. Hopfenbauern fürchten um Flächen.
TETTNANG/KAU - Noch bis 9. März liegt der Entwurf des Bebauungsplans „Bürgermoos West, Bauabschnitt II“und diesen ergänzende Unterlagen im Rathaus aus. Der Bebauungsplan umfasst den zweiten von insgesamt drei vorgesehenen Bauabschnitten im Gewerbegebiet Bürgermoos. Doch die Ergebnisse einer frühzeitigen Offenlage haben erneut gezeigt, dass die Erweiterung des Gebiets einen Interessenskonflikt von Landwirtschaft und Gewerbeentwicklung birgt.
Die Absicht der Stadt Tettnang ist klar: Das Gewerbegebiet Bürgermoos soll erweitert werden. Beim zweiten Bauabschnitt handelt es sich um eine Geltungsfläche von 10,5 Hektar. Das Gebiet reicht von der Landesstraße L 333 bis beinahe zum Bürgermooser Wald, östlich grenzt das bestehende Gewerbegebiet des ersten Bauabschnitts an, nördlich begrenzt der Bürgermooser Bach gleichzeitig rückt die gewerbliche Nutzung auch näher an den Siedlungsrand Kaus.
Mangelnde Flächenverfügbarkeit
In Tettnangs Teilort ist die Erweiterung ein Thema: Bereits in Bauabschnitt II sind zahlreiche Hopfengärten, Kauer Hopfenbauern haben in dem Areal ihre Anlagen und „wenn man den Bebauungsplan anschaut, schielt der schon auf den dritten Bauabschnitt“, schildert Ortsvorsteher Joachim Wohnhas die Sorge der Kauer. Natürlich wolle er als Ortsvorsteher die landwirtschaftlichen Betriebe halten, er sehe den Druck auf die Flächen, die es für den Erhalt braucht, andererseits sehe er aber auch, dass man in Tettnang gerne mehr Gewerbe ansiedeln und mehr Gewerbesteuer einnehmen wolle. „Es ist ein schwieriger Spagat.“
Die Erweiterung birgt einen Konflikt, der kaum zu lösen scheint. Auf der einen Seite stehen Stadtverwaltung und Gewerbetreibende: Eine konkrete Anfrage für den zweiten Bauabschnitt liegt der Stadt bereits vor: SW Automatik GmbH, ehemalig Firma Bartsch, beabsichtigt den Bau eines neu zu entwickelnden Betriebsstandorts in Bürgermoos. Doch die Weiterentwicklung des Gewerbegebiets gestaltet sich als schwierig, bereits einmal ruhte das Entwicklungsverfahren aufgrund mangelnder Flächenverfügbarkeiten. Nur mit einem Grundstückseigentümer konnte die Stadt bislang eine Einigung erzielen. Eine Teilfläche kann an die Firma SW Automation verkauft werden.
Die Verträge werden derzeit vorbereitet, heißt es seitens der Stadtverwaltung. Noch in diesem Jahr will die Stadt mit der Erschließung beginnen. Der Zeitpunkt bleibt ungenau „Mitte/Ende diesen Jahres“, heißt es im Rathaus. Bis zur Erschließung sollen alle Grundstücke im Geltungsbereich erworben sein. „Da dieses Vorhaben vor allem vor dem Hintergrund der landwirtschaftlichen langjährigen Sondernutzung in Teilen als äußerst schwierig eingeschätzt werden muss, geht die Planung so weit als möglich auf die Gegebenheiten ein, um die schrittweise Entwicklung des Baugebiets und einen baldigst möglichen Baubeginn in Baufeld 8 zu gewährleisten“, heißt es in Unterlagen zum Entwurf des Bebauungsplans. Die Aussage „äußerst schwierig“beziehe sich „auf die Konkurrenzsituation zwischen Landwirtschaft einerseits und Wohn- sowie Gewerbebau andererseits“, erläutert Judith Maier, Pressesprecherin der Stadt.
Ein Viertel im Eigentum der Stadt
„Der Stadt ist bewusst, dass in dem Gebiet verschiedene Flächen intensiv landwirtschaftlich genutzt werden, über Verträge gebunden sind und ein Verkauf derzeit nicht zur Diskussion steht“, so Maier weiter. Bislang sind knapp ein Viertel, rund 25 000 Quadratmeter der Geltungsfläche im Eigentum der Stadt. „Gespräche mit den betroffenen Landwirten sind in der Vorbereitung.“
Gerade die Landwirte und Hopfenbauern stehen auf der anderen Seite: Während der frühzeitigen Offenlage gingen mehrere Stellungnahmen aus der Öffentlichkeit bei der Stadtverwaltung ein. Der Tenor: Den Landwirten werde wertvolle Hopfenfläche genommen. Die geplante Fläche beherberge einen der besten Böden, teilte ein Landwirt mit. Ein anderer merkte an: „Das allseits geschätzte Tettnanger Hopfenanbaugebiet endet scheinbar [...] in Richtung Kau mit einem ’Mega-Industriegebiet’.“Und in einer weiteren Stellungnahme eines Landwirts heißt es: „Was wird uns als Ausgleich angeboten, um unseren Fortbestand zu sichern? Das Pachten von Flächen ist kaum möglich. Eine Betriebsvergrößerung kaum planbar.“
Die Stadt weiß um deren Sorge: „Es steht außer Zweifel, dass der Verlust wertvoller landwirtschaftlicher Fläche überall bedauerlich ist. An dieser Stelle wurde allerdings im Verfahren zum Flächennutzungsplan eine Abwägung zugunsten der Gewerbefläche getroffen“, heißt es in Verwaltungsunterlagen. Der Bebauungsplan wurde aus dem Flächennutzungsplan (FNP) entwickelt, der zuletzt bei der Fortschreibung im Jahr 2011 diskutiert wurde. Heißt, dass die Nutzung der Fläche bereits damals festgelegt wurde. „Im Hinblick auf die Ausweisung von zukünftigen Gewerbeflächen wird die Stadt bei der Fortschreibung des FNP auch andere Bereiche in die Überlegungen mit einbeziehen. Dies gilt sowohl für die Kernstadt als auch die Ortschaften“, so Maier.
Nach dem Ende der Offenlage werden, so die Verwaltung, alle eingegangenen Stellungnahmen an das Büro Krisch+Partner weiter gegeben, das für die Stadt die Abwägung derselbigen erstellt. Der Satzungsbeschluss des Bebauungsplans ist dann für den Gemeinderat am 9. Mai geplant.
„Wenn man den Bebauungsplan anschaut, schielt der schon auf den dritten Bauabschnitt.“ Joachim Wohnhas, Ortsvorsteher Kau