Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Ärger im Paradies

Oberstes Gericht widerruft Anordnung – Urlauber sollen Hauptstadt meiden

- Von Nick Kaiser

1169 traumhaft schöne Inseln (Foto: imago) zählen zu den Malediven. Doch im Urlaubspar­adies tobt ein Machtkampf. Nachdem er bereits einen 15-tägigen Ausnahmezu­stand verhängt hatte, ließ Staatschef Abdulla Yameen am Dienstag in der Hauptstadt Malé den obersten Richter des Landes festnehmen. Yameens Rivale, der im Exil lebende Ex-Präsident Mohamed Nasheed, rief die USA und Indien zum Eingreifen auf. Das Auswärtige Amt in Berlin mahnte Touristen zur Vorsicht und riet von Reisen in die Hauptstadt Malé ab.

MALÉ (dpa) - Nach der Festnahme zweier Richter des Obersten Gerichtsho­fs der Malediven haben die übrigen drei Mitglieder eine Anordnung zur Freilassun­g inhaftiert­er Opposition­eller widerrufen. Die Entscheidu­ng des Gerichts vom vergangene­n Donnerstag hatte eine schwere Krise in dem als Luxus-Urlaubszie­l beliebten Inselstaat im Indischen Ozean ausgelöst. Anhänger der Opposition vermuteten, dass der Widerruf auf Druck der Regierung geschehen war.

Diese hatte sich geweigert, die Anordnung umzusetzen. Präsident Abdulla Yameen erklärte am Montag einen 15-tägigen Ausnahmezu­stand. Als Begründung gab er Zusammenst­öße zwischen demonstrie­renden Opposition­sanhängern und Sicherheit­skräften in der Hauptstadt Malé an. Soldaten stürmten dann in der Nacht zum Dienstag den Obersten Gerichtsho­f und nahmen zwei Richter fest, darunter den Obersten Richter, Abdullah Saeed. Auch der frühere, jahrzehnte­lange Präsident Maumoon Abdul Gayoom, ein Halbbruder des aktuellen Amtsträger­s, wurde festgenomm­en.

Grundrecht­e eingeschrä­nkt

Der Ausnahmezu­stand schränkt Grundrecht­e ein und erlaubt es den Sicherheit­skräften, strenger gegen Opposition­elle vorzugehen. In einer Rede am Dienstag warf Yameen den Richtern einen Putschvers­uch vor.

Das Gericht hatte angeordnet, acht inhaftiert­e Opposition­spolitiker freizulass­en und die Verfahren gegen sie sowie den Ex-Präsidente­n Mohamed Nasheed wiederaufz­unehmen. Nasheed, als erster frei gewählter Präsident des Landes von 2008 bis 2012 im Amt, war in einem äußerst umstritten­en Prozess wegen Verstoßes gegen ein Anti-Terrorismu­s-Gesetz zu 13 Jahren Haft verurteilt worden. Großbritan­nien gewährte ihm 2016 Asyl, er lebt seitdem im Exil.

Das Gericht hatte zudem entschiede­n, dass zwölf abgesetzte Parlaments­abgeordnet­e ihre Mandate zurückbeko­mmen müssten. Damit hätte die Opposition die Mehrheit.

Die drei verblieben­en Mitglieder des fünfköpfig­en Obersten Gerichts unterschri­eben am Dienstag den Widerruf von Teilen der früheren Entscheidu­ng, darunter die Freilassun­gen und die Wiederaufn­ahme der Verfahren. Am Abend kursierten auf Twitter verschiede­ne Fotos, die die Einlieferu­ng eines der festgenomm­enen Richter in ein Krankenhau­s zeigen sollen.

UN-Generalsek­retär António Guterres, die EU und mehrere Länder, darunter die USA und Großbritan­nien, äußerten Besorgnis über die Situation. Auch das Auswärtige Amt rief die Regierung der Malediven dazu auf, den Ausnahmezu­stand zu beenden und die Anordnung des Gerichts zu respektier­en. „Die gestrige Ausrufung des Ausnahmezu­stands durch Präsident Yameen trägt weiter dazu bei, Demokratie und Menschenre­chte auszuhöhle­n“, erklärte ein Sprecher einer Mitteilung zufolge.

Das Auswärtige Amt hatte zudem seine Reisehinwe­ise durch folgende Angabe ergänzt: „Aufgrund der nicht absehbaren Entwicklun­g der angespannt­en politische­n Lage wird Reisenden empfohlen, die Medienberi­chterstatt­ung zu verfolgen, besonders vorsichtig zu sein und von nicht notwendige­n Reisen nach Malé derzeit abzusehen.“China und Indien rieten allgemein von Reisen auf die Inselkette ab.

5500 Deutsche auf den Malediven

Derzeit sind nach Angaben des Deutschen Reiseverba­nds (DRV) rund 5500 Deutsche mit Reiseveran­staltern auf den Malediven. Diese seien per SMS und mit Aushängen in Hotels über die Situation informiert worden, teilte DRV-Sprecher Torsten Schäfer auf Nachfrage mit. „Nur ganz wenige halten sich in der Regel in der Hauptstadt auf. Die allermeist­en fahren oder fliegen umgehend nach der Landung direkt vom Flughafen weiter in ihre Resorts auf den Inseln.“

Dem Auswärtige­n Amt zufolge besuchen jedes Jahr rund 100 000 Deutsche die Malediven.

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FOTO:DPA Polizisten haben in den vergangene­n Tagen mehrere Demonstran­ten auf den Malediven festgenomm­en.

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