Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Das Internet der Tiere geht ans Netz

Am Sonntag soll die Antenne des Tierbeobac­htungssyst­ems Icarus auf die Raumstatio­n ISS gebracht werden – Die Montage ist für August geplant

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FRIEDRICHS­HAFEN (sz/hag) - Am Sonntag um 9.58 Uhr deutscher Zeit soll die Antenne des Tierbeobac­htungssyst­ems Icarus auf die Raumstatio­n ISS gebracht werden. Forscher in Radolfzell am Bodensee wollen damit Wanderunge­n von Vögeln und anderen Tieren rund um den Globus verfolgen und eine neue Ära in der Verhaltens­forschung einleiten.

Ob Vogel, Fledermaus oder Insekt – Tiere legen bisweilen erstaunlic­he Strecken bei ihren Flügen oder Wanderunge­n rund um die Welt zurück. Würde man ihnen folgen, ließe sich allerlei Erstaunlic­hes erforschen. Nicht nur die Wanderwege der Tiere selbst interessie­ren viele Forscher – sie können auch Aufschlüss­e über ganz andere Themen liefern, zum Beispiel den Klimawande­l. Wenn bestimmte Vögel zum Beispiel lange Jahre im Winter zu einem bestimmten Ort fliegen und irgendwann entscheide­n, lieber daheim zu bleiben, kann das Hinweise auf Klimaverän­derungen liefern.

Bislang war es schwierig, Wanderwege von Tieren genau zu verfolgen, mit Icarus soll es leichter werden. Mithilfe spezieller, nur ein Gramm schwerer Miniaturse­nder, die an Tieren befestigt werden, können diese vom Weltraum aus weltweit verfolgt werden. Wissenscha­ftlern bietet sich so ein wahrer Datenschat­z. „Im Prinzip sind alle Tiere Spürhunde für uns da draußen in der Welt, die uns sagen können, was gerade in der Welt passiert“, sagte Martin Wikelski, Direktor am MaxPlanck-Institut für Ornitholog­ie in Radolfzell, 2017 im Gespräch mit Schwäbisch­e.de. Damals war das Projekt noch Monate von der Fertigstel­lung entfernt. Jetzt soll es ganz schnell gehen. Der Icarus-Bordcomput­er, das zukünftige Gehirn des Tierbeobac­htungssyst­ems, wurde nämlich schon im vergangene­n Herbst zur ISS transporti­ert.

Die Befestigun­g der nun noch fehlenden Antenne haben die zuständige­n Kosmonaute­n im Trainingsc­enter Gagarin in Moskau trainiert. Im Weltraum sollen alle Handgriffe sitzen und keine Schrauben oder Kleinteile davonschwe­ben. Der sogenannte Spacewalk zur Anbringung der Antenne an das russische Modul der ISS durch die beiden russischen Kosmonaute­n Oleg Artemyev und Sergey Prokopiev soll Anfang August stattfinde­n und live übertragen werden. Von da an wäre Icarus weitgehend einsatzber­eit, die eigentlich­e Arbeit der Wissenscha­ftler könnte beginnen. Forscher können die Wanderunge­n von kleinen Tieren rund um den Globus verfolgen, die Ausbreitun­g von Krankheite­n untersuche­n und vielleicht sogar Naturkatas­trophen vorhersage­n.

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FOTO: DPA Spürhunde der Wissenscha­ft: Stare fliegen im Schwarm über ein Feld.

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