Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Millionendeal vs. Ausverkauf
50+1-Regelung spaltet Bundesliga – Kind droht mit Klage
HANNOVER (dpa/SID) - Mit seinem Strategiewechsel will Martin Kind schneller zur Mehrheitsübernahme beim Bundesligisten Hannover 96 kommen. Eine juristische Klärung hätte nach Ansicht des Clubchefs „bis zu zwei Jahre“gedauert. Daher hatte er dem Präsidium der DFL eine neue Regelung für Investoren vorgeschlagen. Er hoffe, „dass die Liga zügig zu Potte kommt“, sagte Kinds Anwalt Christoph Schickhardt. „Zügig heißt nicht, dass wir das 2019 machen“, antwortete Kind auf die Frage nach dem Zeitrahmen. Am Vortag hatte er überraschend bekanntgegeben, dass er seinen Antrag auf Ausnahmegenehmigung ruhen lässt. Laut dieser Regel müssen die Stammvereine der Bundesligisten die Mehrheit von 50 plus einer Stimme bei dem ausgelagerten Wirtschaftsunternehmen halten. Dadurch soll der Einfluss von Investoren begrenzt werden. „Wenn die 50+1-Regel neu gestaltet werden soll, brauchen wir keine Ausnahmegenehmigung“, sagte Kind.
Um die Satzung zu verändern, ist jedoch eine Zwei-Drittel-Mehrheit der 36 Proficlubs der 1. und 2. Bundesliga nötig. Einige Clubs wie der FC St. Pauli, der SC Freiburg und auch Borussia Dortmund haben sich bereits gegen eine Reform dieser nur im deutschen Profifußball praktizierten Begrenzung ausgesprochen. „50+1 ist eine gute Regel, die für die Solidarität in der Bundesliga steht. Diese gilt es zu bewahren“, sagte Freiburgs Präsident Fritz Keller, setzte aber nach: „Ich befürchte, dass es Kompromisse geben wird, aber wir werden uns dafür einsetzen, dass so viel wie möglich von 50+1 erhalten bleibt.“Für eine Öffnung plädiert dagegen FC Heidenheims Vorstandschef Holger Sanwald: „Ich würde sie abschaffen oder zumindest öffnen“, sagte Sanwald: „Aber es sollte auch künftig im Sinne eines sauberen Fußballsports geregelt sein. Darum müssen weiter einige Grundregeln aufgestellt bleiben.“
Für VfB-Präsident Wolfgang Dietrich ist die Diskussion recht unspektakulär: „Für den VfB Stuttgart stellt sich diese Frage so direkt nicht, weil wir seit dem 1. Juni 2017 eine klare Beschlusslage durch die Mitgliederversammlung vorliegen haben. Die Mitglieder haben mit diesem Beschluss die Legitimation erteilt, bis zu 24,9 Prozent der AG-Anteile zu verkaufen.“Allerdings: „Wenn 50+1 kommt, würde das die Wettbewerbssituation nachhaltig beeinflussen.“
Martin Kind kann diese Diskussion nur Recht sein. Wenn es „wider Erwarten“zu keiner entsprechenden Einigung der 36 Profivereine komme, „dann würden wir den Antrag aktivieren und auch klagen“.