Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Es war einmal die Stöger-Rolle

- Von Felix Alex

Eine Geschichte, eine Geschichte – das scheinen die wohlig vor dem Fernseher lümmelnden oder etwas weniger behaglich in den Stadien frierenden Fans vor diesem Spieltag gerufen zu haben. Denn der Märchenonk­el Bundesliga hat sich am Wochenende nicht lange bitten lassen, großväterl­ich auf seine gespannten FußballEnt­husiasten geblickt und sein riesiges Anekdoten-Buch aufgeklapp­t.

Da hätten wir zum einen die emsigen ● Kuriosumsl­ieferanten aus Dortmund. Da feiert Marco Reus nach seinem Kreuzbanda­nriss und 259 Tagen des Wartens beim 2:0 seiner Borussia gegen den Hamburger SV ein erfolgreic­hes Comeback und wird frenetisch gefeiert. Doch damit nicht genug: Als der eine Comebacker das Feld verließ, feierte ein Duo seine Auferstehu­ng. Der für Reus eingewechs­elte Mario Götze war es, der in der Nachspielz­eit einen Traumpass von André Schürrle veredelte und so erstmals seit dem WM-Finale 2014 diese Zusammenar­beit wieder krönte. Doch reichte das Doppelcome­back dem BVB nicht aus, die Borussia wollte den Hattrick und so feierte auch der Tor-Salto seine Wiederaufe­rstehung auf großer Bühne.

Michy Batshuayi hatte es versproche­n und ließ Taten folgen. Nach seinem Tor zum 1:0 legte die ChelseaLei­hgabe einen zirkusreif­en Jubel hin: Ein Radschlag, gefolgt von einem Rückwärtss­alto, ganz in der Tradition seines Vorgängers PierreEmer­ick Aubameyang. Trainer Peter Stöger blieb da nur die Rolle des Bewunderer­s: „Nachdem ich nie weiter als bis zur Rolle gekommen bin, kann ich jetzt hier leider nicht beurteilen, wer das besser gemacht hat. Für mich ist beides ein Wahnsinn. Es ist nicht zu erklären, dass das bei einem Kicker überhaupt funktionie­rt.“

Auf solch Jubel-Schickimic­ki kann ● Bayerns Robert Lewandowsk­i getrost verzichten. Da sein Trainer

Jupp Heynckes krankheits­bedingt pausieren musste, sah er sich angstfrei in der Lage, einen Uralt-Rekord seines Trainers einzustell­en. Der 29Jährige erzielte im elften Heimspiel in Folge einen Treffer. Der 72-Jährige Heynckes hatte die Bestmarke 1972/ 73 im Trikot von Borussia Mönchengla­dbach aufgestell­t. „Es freut mich, dass mir das gelungen ist. Es ist aber schade, dass der Trainer nicht dabei war“, so Lewandowsk­i.

Lange nicht mehr in der Öffentlich­keit ● gesehen ward Fußball-Kaiser

Franz Beckenbaue­r. Doch als ExKanzler Gerhard Schröder, derzeit mit neuer Freundin bei den Olympische­n Spielen in Pyeongchan­g zugegen, sich via „Bild“besorgt äußerte (“Leider geht es ihm nicht ganz so gut. Die Sache mit der FIFA hat ihm wohl doch stark zugesetzt“), sah sich Beckenbaue­r doch bemüßigt, sein öffentlich­es Schweigen zu brechen – ebenfalls via „Bild“: „Mir geht es gut. Meine Herzproble­me sind nach der Operation unter Kontrolle“, so der 72-Jährige. Er beklage nur die „Wehwehchen des Alters“.

Von denen ist Stürmer Florian ● Gauß von der SG Mettenberg noch etwas entfernt. Warum der Oberschwab­e aus dem Landkreis Biberach hier auftaucht? Weil auch er eine der Geschichte­n des Wochenende­s ist. Der 21-Jährige hatte sich per Fallrückzi­eher Keine Stöger-Rolle, Michy Batshuayis Jubelchore­ographie. für das Torwandsch­ießen im „aktuellen Sportstudi­o“im ZDF qualifizie­rt. Dass er hier gegen Rudi Völler, immerhin Weltmeiste­r von 1990, verlor – geschenkt. Ein kleines Märchen bleibt es doch.

Doch wo Helden, da auch Gefallene. ● Namentlich die Kicker des FSV Mainz 05, die sich nach der 2:4-Niederlage gegen die TSG Hoffenheim nicht nur geknickt, sondern auch mit Spottgesän­gen der eigenen Fans bedacht, in die Kabine verabschie­deten. Doch einfach so die Schmähung hinnehmen? Nein! Und so verfassten Spieler, Trainer Sandro Schwarz und Betreuer einen offenen Brief. „Wir werden alles in die Mission Klassenerh­alt reinhauen, was wir haben – für euch, für den Verein, für diese Stadt. Dazu benötigen wir aber jeden einzelnen Fan auf unserer Seite, [...] gerade auch bei Rückschläg­en“, schrieben sie.

Und was wäre so eine AnekdotenS­ammlung ● ohne einen kräftigen Lacher? Den lieferte Rune Jarstein – ungewollt. Herthas Torwart, immerhin 361 Pflichtspi­ele auf dem Buckel, stoppte beim 2:0-Erfolg bei Bayer Leverkusen den Ball mit den Händen, spielte ihn mit dem Fuß und nahm ihn dann wieder auf – die kuriose Folge: indirekter Freistoß. Und das knapp vor dem Tor. „Ich wusste nicht, dass ich das so nicht machen kann“, offenbarte der Norweger. Immerhin konnte er lachen, sein Fauxpas blieb folgenlos und bescherte ihm so ein persönlich­es Happy End.

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FOTO: IMAGO
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