Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Gefiederte Wintergäste kommen aus Sibirien
Eriskircher Ried ist auch in der kalten Jahreszeit ein Refugium für Wasservögel
ERISKIRCH - Ungefähr 6000 Tauch-, Reiher- und Tafelenten, Silber- und Graureiher, Gänsesänger, aber auch vereinzelt Stare und Singschwäne haben im Eriskircher Ried ihr Winterquartier aufgeschlagen. „Bereits im Oktober und November konnten wir etwa 34 000 dieser Vögel zählen“, sagt Gerhard Kersting, Geschäftsführer im Naturschutzzentrum Eriskirch (NAZ), im Gespräch mit der Schwäbischen Zeitung.
Als ein Paradies für zahlreiche Vogelarten gilt das Eriskircher Ried, das mit seinen 552 Hektar größtes Naturschutzgebiet am nördlichen Ufer des Bodensees ist. „Jedes Jahr überwintern im Bereich des geschützten Refugiums Zigtausende Vögel. Die Flachwasserzonen der Naturschutzgebiete am Bodensee sind als Ruhezonen und Nahrungsgebiet für die Wintergäste von größter Bedeutung“, erläutert Gerhard Kersting. Seit Oktober seien die Gäste aus Nord- und Osteuropa am See, um dem harten Winter in ihrer Heimat zu entkommen. Auffallend für den Experten ist die aktuell ungewöhnlich niedrige Anzahl von Singschwänen. Laut einer Wasservogelzählung der ornithologischen Arbeitsgemeinschaft Bodensee Mitte Januar, haben sich lediglich 250 Tiere, fast ausschließlich im Rheindelta sowie am Untersee, aufgehalten. In Eriskirch seien nur sehr wenige Exemplare anzutreffen. Gründe hierfür sieht der Experte in den milden Temperaturen an der Ostseeküste sowie am hohen Wasserstand des Bodensees, der die Nahrungsaufnahme der Singschwäne auf dem Grund erschwere.
30 000 Tafel- und Reiherenten
Gründe, warum sich so viele Wasservögel die weite Reise an den Bodensee dennoch antun, sieht der ausgewiesene Experte unter anderem in der Beschaffenheit des Schutzgebietes: „Der Bodensee ist im Winter in der Regel eisfrei und bietet bei entsprechend niedrigem Wasserstand eine weitreichende Flachzone, was für die Nahrungsaufnahme optimal ist. Zudem sind die Ruheflächen in den Uferbereichen geradezu ideal, da die Vögel hier nicht gestört oder gar gejagt werden“, berichtet Gerhard Kersting. So habe man im Herbst bis vor Weihnachten alleine 30 000 Tafel- und Reiherenten zählen können.
Doch das Paradies am See ist in Gefahr. Gründe hierfür sieht der NAZ-Geschäftsführer vor allem in der Ausweitung der Wassersportsaison hinein in die Wintermonate. „Kitesurfer und immer mehr Boote, aber auch Kajakfahrer stören die Tiere, indem sie die Sperrflächen ignorieren. Für die Tiere ist es enorm wichtig, dass diese Schutzzonen respektiert werden.“
Im März und April fliegt der Großteil der Wintergäste übrigens wieder zurück in die Brutgebiete, vornehmlich in die weiten Moorund Seenlandschaften in Nord- und Osteuropa, aber auch ins Baltikum bis hin nach Sibirien. Bis dahin kann man laut NAZ die Vögel im Eriskircher Ried am besten von der neuen Beobachtungsplattform aus am „Alten Strandbad“beobachten.
„Für die Tiere ist es enorm wichtig, dass diese Schutzzonen respektiert werden.“Gerhard Kersting, Chef des Naturschutzzentrums Eriskirch