Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Trotz Starkbier und „Herrgottsbscheißerle“
Diakon Martin Bernhard spricht über die Bedeutung der Fastenzeit.
MECKENBEUREN - Sich der Bedeutung der Fastenzeit wieder bewusster zu werden, ist der Ansatz eines Vortrags von Diakon Martin Bernhard beim Seniorennachmittag im Gemeindehaus St. Maria in Meckenbeuren gewesen. Dabei blickte der Referent gezielt auf die grundlegende und gesellschaftliche Bedeutung der Fastenzeit in der Geschichte.
Über 30 Seniorinnen und Senioren lauschten gespannt seinen Ausführungen – und dies, obwohl sie alle wegen ihres Alters von den kirchlichen Fastenregeln befreit sind. Denn diese gelten nicht, wie der Referent ausführte, für Kinder, Senioren, Kranke und Reisende.
Gebet, Fasten, Almosen
Als die drei tragenden Säulen des bis ins 4. Jahrhundert zurückreichenden christlichen Fastens benannte der Diakon das Gebet, das Fasten sowie das Geben von Almosen. Die Fastenzeit sei für den Christen eine Zeit, bewusst auf etwas zu verzichten, das ihm für den Alltag wichtig ist. So könne man ein Buch oder in der Bibel lesen statt fernzusehen, eine Tasse Tee anstelle des beliebten Kaffees trinken oder sich in einer stillen Zeit dem Gebet widmen.
Gerade bezüglich des Betens fand Martin Bernhard deutliche Worte. Beten ersetze nicht das eigene Tun und das Tun könne nicht das Gebet ersetzen. „Aber das Tun, das Erleben, das Schweigen, das Geben kann zum Gebet werden und Beten ist das Atemholen der Seele“, so sein Credo.
Auf keinen Fall will Martin Bernhard das Fasten als Ersatz für nicht eingehaltene Neujahrsvorsätze verstanden wissen. Nicht nur Heiterkeit sondern auch ein Stück Selbstreflexion löste Diakon Martin Bernhard aus, als er mit einer Flasche Starkbier und Maultaschen, auch „Herrgottsbscheißerle“genannt, auf das strenge Fasten in früheren Tagen hinwies und damit in Erinnerung rief, wie man schon damals die Entbehrungen des Fastens zu umgehen wusste.
Um eben diese frühere Zeit des strengen Fastens ging es nach dem einstündigen und dennoch kurzweiligen Vortrag in einem lebhaften Austausch unter den Senioren. Nicht einmal einen Kehraus habe es zu ihrer Jugendzeit gegeben, sondern man sei am Fasnetsdienstag zur 1. Kreuzwegandacht in die Kirche geschickt worden, wusste eine der Seniorinnen zu berichten.
Weinpräsent trotz Fastenzeit
Auch sei es früher leicht gewesen, das Freitagsgebot zu halten und in der Fastenzeit gänzlich auf Fleisch und Wurst zu verzichten, denn das habe man ja sowieso nicht gehabt. So habe das Gebet und der Gottesdienstbesuch im Vordergrund gestanden, war immer wieder zu hören.
„Die kirchliche Tradition hat früher in die Gesellschaft hineingewirkt, öffentliche Veranstaltungen wie Tanz und Hochzeitsfeiern waren in der Fastenzeit tabu. Heute interessiert die Fastenzeit viele nicht mehr“, brachte Inge Herbst die aktuelle Situation auf den Punkt. Manfred Keckeisen vom St. Maria Seniorenteam dankte Diakon Martin Bernhard für den interessanten Vortrag und überreichte ihm ein Weinpräsent - dies trotz Fastenzeit.