Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Den Fokus auf Europa richten

- Von Claudia Kling ●» c.kling@schwaebisc­he.de

Natürlich ist die Welt am Montag nach der Münchner Sicherheit­skonferenz keine bessere als drei Tage zuvor. Die Auftritte des russischen Außenminis­ters, des US-Sicherheit­sberaters, aber auch des türkischen Ministerpr­äsidenten bewiesen, dass derzeit auf dem internatio­nalen Parkett wenig Raum ist für versöhnlic­he Gesten und eine konstrukti­ve internatio­nale Zusammenar­beit. Die Staatenlen­ker gefallen sich darin, Macht nach außen zu demonstrie­ren und sich ansonsten auf das Wohlergehe­n der eigenen Nation zu fokussiere­n. In Zeiten der globalen Vernetzung ist das eine dramatisch­e Fehlentwic­klung, und deshalb verwundert es nicht, wenn Konferenzl­eiter Wolfgang Ischinger von einer „Welt am Abgrund“sprach.

Das mag alarmieren­d klingen, aber vielleicht brauchte es diese drastische­n Worte als Weckruf, um klarzumach­en, dass die Weltgemein­schaft seit Jahren versagt. Viele Konflikte harren einer Lösung, neue Krisenherd­e entstehen, bevor die alten befriedet werden. Die Vereinten Nationen schauen dieser Entwicklun­g weitgehend hilflos zu. Ihre Rolle wird untergrabe­n von den USA, die ihnen schlicht den Geldhahn zudrehen wollen.

Und wie reagiert Europa darauf? Alleine diese Fragestell­ung ist schon falsch, weil es „das Europa“leider nicht gibt. Auch die Europäisch­e Union betreibt Nabelschau, blickt weitgehend passiv Richtung Nahen Osten, streitet sich mit den Briten und über die Verteilung von Flüchtling­en. Dass sich viele dieser Menschen nur deshalb auf den Weg gemacht haben, weil sie in der Nähe ihrer Heimat nicht mehr versorgt wurden, bleibt Nebensache. So wie es hingenomme­n wird, dass in Syrien inzwischen Hunderttau­sende Menschen gestorben sind, weil sich der Weltsicher­heitsrat nicht einig wird.

Deshalb war es richtig, den Fokus auf die EU zu richten. Erstaunlic­h ist ja, dass sie trotz aller Schwierigk­eiten von außen betrachtet als eine Art Einheit wahrgenomm­en wird, während sich die Mitglieder damit schwer tun. Die neue Bundesregi­erung muss deshalb der EU wieder Leben einhauchen.

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