Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Tauber macht den Weg frei
CDU-Generalsekretär reagiert auf Kritik aus der Partei
BERLIN (dpa/AFP) - CDU-Generalsekretär Peter Tauber will sich von seinem Amt zurückziehen. Der 43-Jährige wolle den Schritt heute erklären und damit ermöglichen, dass schon auf dem Parteitag am 26. Februar in Berlin ein Nachfolger gewählt werden könne, hieß es in Berlin. Tauber war seit Dezember 2013 Parteimanager und ist bis Dezember gewählt. Es wurde erwartet, dass CDU-Chefin Angela Merkel Taubers Nachfolger ebenfalls heute in den Sitzungen von Präsidium und Vorstand benennt. Wen die Kanzlerin als Nachfolger vorschlagen wird, blieb zunächst offen. Die Entscheidung Merkels zur raschen Wahl eines Nachfolgers von Tauber wurde in der CDU auch als Zeichen an ihre parteiinternen Kritiker gewertet. Sie verlangen seit dem schlechten Abschneiden der Partei bei der Bundestagswahl im September 2017 eine personelle Erneuerung in Partei und Regierung.
BERLIN - Wie soll sich die CDU neu aufstellen? In der Partei wird neben der Forderung nach personeller Erneuerung auch der Ruf nach inhaltlichen Veränderungen und einem neuen Grundsatzprogramm laut, um verstärkt auch die demokratische Rechte anzusprechen und Wähler der AfD zurückzugewinnen. Heute will sich CDU-Generalsekretär Peter Tauber von seinem Amt zurückziehen. Der 43-Jährige werde dies in den Sitzungen von Präsidium und Vorstand erklären, hieß es am Sonntag aus Parteikreisen. Tauber hatte den Posten 2013 übernommen und war eigentlich noch bis Dezember gewählt. Bereits beim Sonderparteitag am kommenden Montag in Berlin soll der Nachfolger gewählt werden.
Zuletzt waren Rücktrittsforderungen laut geworden. Kritiker werfen Tauber vor, zu wenig das konservative Profil der Partei geschärft und Fehler im Bundestagswahlkampf gemacht zu haben. Wegen einer schweren Krankheit war der Bundestagsabgeordnete aus Hessen zuletzt während der Sondierungsgespräche und Koalitionsverhandlungen ausgefallen. Sein Rücktritt erfolge jedoch nicht aus gesundheitlichen Gründen.
Klarheit beim Personal
Taubers Rückzug bietet der CDUVorsitzenden Angela Merkel die Möglichkeit für ein Signal personeller, aber auch inhaltlicher Erneuerung, wie es aus der Partei gefordert wird. In den Reihen der Christdemokraten rumort es. Der CDU-Sonderparteitag in der nächsten Woche soll über den mit der SPD ausgehandelten Koalitionsvertrag entscheiden. Bis dahin will Kanzlerin Merkel Klarheit über das Regierungspersonal der CDU schaffen.
Mit Spannung wird in der Partei erwartet, welche CDU-Politiker Merkel als Minister in ihr mögliches Kabinett holen wird und ob sie dem innerparteilichen Druck nachgeben und ihren Rivalen Jens Spahn berücksichtigen wird. Der CDU-Mann gilt als möglicher Kandidat für den Posten des Gesundheits- oder Bildungsministers.
Debatte über Markenkern
In der Parteispitze rechnet man auf dem Parteitag auch mit einer Debatte über den künftigen Kurs und den „Markenkern“der CDU. Nicht nur aus dem Landesverband BadenWürttemberg gibt es Forderungen nach einer Schärfung des Profils und Überarbeitung des Grundsatzprogramms von 2007. CDU-Vizechef Armin Laschet und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther warnen derweil vor einem Rechtsruck.
„Wir müssen deutlich machen, dass der Markenkern der Christlich Demokratischen Union eben nicht das Konservative ist, sondern dass das christliche Menschenbild über allem steht“, sagte Laschet und sprach sich ebenfalls für eine harte Grundsatzdebatte aus. Schon Konrad Adenauer habe sich immer dagegen gewandt, die CDU als Sammlungsbewegung der Konservativen zu verstehen. Konservativ sei „eine Wurzel, aber nicht die Wurzel“der CDU. „Mit dem, der die Achsen verschieben will, werden wir hart streiten“, erklärte er. So sei die AfD in NRW besonders stark in Gelsenkirchen, Dortmund oder Duisburg in abgehängten Vierteln, wo die Menschen früher SPD gewählt hätten. „Diese Wähler erreichen wir nicht durch einen Rechtsruck, sondern indem wir deren Probleme lösen“, warnte er vor einem Ruck nach rechts.
„Der Kurs der Mitte tut der Union gut“, meinte Laschets Parteifreund und Amtskollege aus Schleswig-Holstein, Daniel Günther, zu einem möglichen Kurswechsel. Das Bedürfnis, die gewachsenen Werte wieder stärker zu betonen, „darf nicht dazu führen, dass sich die Union nach rechts orientiert“, sagte der. Die CDU habe nicht nur einen konservativen Flügel, sondern auch einen wirtschaftlichen und einen liberalen.
CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer widerspricht: „Es geht nicht um einen Rechtsruck, sondern um die volle Abdeckung des bürgerlichkonservativen Spektrums“, sagte er der „Schwäbischen Zeitung“. „Das muss natürlich Markenkern der Union sein, wenn sie Volkspartei bleiben will.“Die neue staatspolitische Aufgabe im Jahr 2018 sei, sich wieder eine größere Bindungskraft MitteRechts zu erkämpfen, um das deutsche Parteiensystem stabiler zu machen. „Die CSU als moderne Volkspartei ist eine konservative Zukunftspartei“, erklärte Scheuer.
Der designierte bayerische Ministerpräsident und neue starke Mann der CSU, Markus Söder, hatte zuvor eine Debatte über den politischen Standort der Union gefordert und ein schärferes Profil angemahnt, um die „demokratische Rechte“wieder an die Union zu binden.
Ruf nach mehr Rechtsstaatlichkeit
Nach Ansicht des Chefs der Mittelstandsvereinigung der Union, Carsten Linnemann, muss die CDU ihr Profil als Rechtsstaatpartei schärfen: „Wir brauchen keinen Rechtsruck, sondern müssen wieder für Rechtsstaatlichkeit stehen“, sagte er. Allein in Berlin seien derzeit mehr als Zehntausend Menschen ausreisepflichtig und teilweise straffällig, könnten aber nicht ausgewiesen werden, weil ein Pass fehle oder weil die ausreisepflichtigen Personen nicht da seien, wenn sie abgeholt werden sollten. „Wer diesen eklatanten Missstand anprangert, möchte keinen Rechtsruck, sondern wieder mehr Rechtsstaat für unser Land“, sagte er.