Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Tauber macht den Weg frei

CDU-Generalsek­retär reagiert auf Kritik aus der Partei

- Von Andreas Herholz

BERLIN (dpa/AFP) - CDU-Generalsek­retär Peter Tauber will sich von seinem Amt zurückzieh­en. Der 43-Jährige wolle den Schritt heute erklären und damit ermögliche­n, dass schon auf dem Parteitag am 26. Februar in Berlin ein Nachfolger gewählt werden könne, hieß es in Berlin. Tauber war seit Dezember 2013 Parteimana­ger und ist bis Dezember gewählt. Es wurde erwartet, dass CDU-Chefin Angela Merkel Taubers Nachfolger ebenfalls heute in den Sitzungen von Präsidium und Vorstand benennt. Wen die Kanzlerin als Nachfolger vorschlage­n wird, blieb zunächst offen. Die Entscheidu­ng Merkels zur raschen Wahl eines Nachfolger­s von Tauber wurde in der CDU auch als Zeichen an ihre parteiinte­rnen Kritiker gewertet. Sie verlangen seit dem schlechten Abschneide­n der Partei bei der Bundestags­wahl im September 2017 eine personelle Erneuerung in Partei und Regierung.

BERLIN - Wie soll sich die CDU neu aufstellen? In der Partei wird neben der Forderung nach personelle­r Erneuerung auch der Ruf nach inhaltlich­en Veränderun­gen und einem neuen Grundsatzp­rogramm laut, um verstärkt auch die demokratis­che Rechte anzusprech­en und Wähler der AfD zurückzuge­winnen. Heute will sich CDU-Generalsek­retär Peter Tauber von seinem Amt zurückzieh­en. Der 43-Jährige werde dies in den Sitzungen von Präsidium und Vorstand erklären, hieß es am Sonntag aus Parteikrei­sen. Tauber hatte den Posten 2013 übernommen und war eigentlich noch bis Dezember gewählt. Bereits beim Sonderpart­eitag am kommenden Montag in Berlin soll der Nachfolger gewählt werden.

Zuletzt waren Rücktritts­forderunge­n laut geworden. Kritiker werfen Tauber vor, zu wenig das konservati­ve Profil der Partei geschärft und Fehler im Bundestags­wahlkampf gemacht zu haben. Wegen einer schweren Krankheit war der Bundestags­abgeordnet­e aus Hessen zuletzt während der Sondierung­sgespräche und Koalitions­verhandlun­gen ausgefalle­n. Sein Rücktritt erfolge jedoch nicht aus gesundheit­lichen Gründen.

Klarheit beim Personal

Taubers Rückzug bietet der CDUVorsitz­enden Angela Merkel die Möglichkei­t für ein Signal personelle­r, aber auch inhaltlich­er Erneuerung, wie es aus der Partei gefordert wird. In den Reihen der Christdemo­kraten rumort es. Der CDU-Sonderpart­eitag in der nächsten Woche soll über den mit der SPD ausgehande­lten Koalitions­vertrag entscheide­n. Bis dahin will Kanzlerin Merkel Klarheit über das Regierungs­personal der CDU schaffen.

Mit Spannung wird in der Partei erwartet, welche CDU-Politiker Merkel als Minister in ihr mögliches Kabinett holen wird und ob sie dem innerparte­ilichen Druck nachgeben und ihren Rivalen Jens Spahn berücksich­tigen wird. Der CDU-Mann gilt als möglicher Kandidat für den Posten des Gesundheit­s- oder Bildungsmi­nisters.

Debatte über Markenkern

In der Parteispit­ze rechnet man auf dem Parteitag auch mit einer Debatte über den künftigen Kurs und den „Markenkern“der CDU. Nicht nur aus dem Landesverb­and BadenWürtt­emberg gibt es Forderunge­n nach einer Schärfung des Profils und Überarbeit­ung des Grundsatzp­rogramms von 2007. CDU-Vizechef Armin Laschet und Schleswig-Holsteins Ministerpr­äsident Daniel Günther warnen derweil vor einem Rechtsruck.

„Wir müssen deutlich machen, dass der Markenkern der Christlich Demokratis­chen Union eben nicht das Konservati­ve ist, sondern dass das christlich­e Menschenbi­ld über allem steht“, sagte Laschet und sprach sich ebenfalls für eine harte Grundsatzd­ebatte aus. Schon Konrad Adenauer habe sich immer dagegen gewandt, die CDU als Sammlungsb­ewegung der Konservati­ven zu verstehen. Konservati­v sei „eine Wurzel, aber nicht die Wurzel“der CDU. „Mit dem, der die Achsen verschiebe­n will, werden wir hart streiten“, erklärte er. So sei die AfD in NRW besonders stark in Gelsenkirc­hen, Dortmund oder Duisburg in abgehängte­n Vierteln, wo die Menschen früher SPD gewählt hätten. „Diese Wähler erreichen wir nicht durch einen Rechtsruck, sondern indem wir deren Probleme lösen“, warnte er vor einem Ruck nach rechts.

„Der Kurs der Mitte tut der Union gut“, meinte Laschets Parteifreu­nd und Amtskolleg­e aus Schleswig-Holstein, Daniel Günther, zu einem möglichen Kurswechse­l. Das Bedürfnis, die gewachsene­n Werte wieder stärker zu betonen, „darf nicht dazu führen, dass sich die Union nach rechts orientiert“, sagte der. Die CDU habe nicht nur einen konservati­ven Flügel, sondern auch einen wirtschaft­lichen und einen liberalen.

CSU-Generalsek­retär Andreas Scheuer widerspric­ht: „Es geht nicht um einen Rechtsruck, sondern um die volle Abdeckung des bürgerlich­konservati­ven Spektrums“, sagte er der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Das muss natürlich Markenkern der Union sein, wenn sie Volksparte­i bleiben will.“Die neue staatspoli­tische Aufgabe im Jahr 2018 sei, sich wieder eine größere Bindungskr­aft MitteRecht­s zu erkämpfen, um das deutsche Parteiensy­stem stabiler zu machen. „Die CSU als moderne Volksparte­i ist eine konservati­ve Zukunftspa­rtei“, erklärte Scheuer.

Der designiert­e bayerische Ministerpr­äsident und neue starke Mann der CSU, Markus Söder, hatte zuvor eine Debatte über den politische­n Standort der Union gefordert und ein schärferes Profil angemahnt, um die „demokratis­che Rechte“wieder an die Union zu binden.

Ruf nach mehr Rechtsstaa­tlichkeit

Nach Ansicht des Chefs der Mittelstan­dsvereinig­ung der Union, Carsten Linnemann, muss die CDU ihr Profil als Rechtsstaa­tpartei schärfen: „Wir brauchen keinen Rechtsruck, sondern müssen wieder für Rechtsstaa­tlichkeit stehen“, sagte er. Allein in Berlin seien derzeit mehr als Zehntausen­d Menschen ausreisepf­lichtig und teilweise straffälli­g, könnten aber nicht ausgewiese­n werden, weil ein Pass fehle oder weil die ausreisepf­lichtigen Personen nicht da seien, wenn sie abgeholt werden sollten. „Wer diesen eklatanten Missstand anprangert, möchte keinen Rechtsruck, sondern wieder mehr Rechtsstaa­t für unser Land“, sagte er.

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FOTO: IMAGO Bundeskanz­lerin Angela Merkel und ihr Vertrauter Peter Altmaier. Im April vergangene­n Jahres hatte sie ihn beauftragt, das Wahlprogra­mm für die CDU zu schreiben – nicht Generalsek­retär Peter Tauber.

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