Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Stählerne Streiter

Kritik an US-Strafzölle­n für Stahl verschärft sich – Washington erklärt Importe zur Frage der Nationalen Sicherheit

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WASHINGTON (dpa) - Die Vereinigte­n Staaten erwägen zum Schutz ihrer heimischen Wirtschaft hohe Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumi­mporte. Die könnten zumindest indirekt auch deutschen Stahlkoche­rn schaden. US-Handelsmin­ister Wilbur Ross veröffentl­ichte am Freitag seine Vorschläge, die er US-Präsident Donald Trump vorgelegt hat. „Die Frage war, ob die Nationale Sicherheit beeinträch­tigt ist. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass sie das ist“, sagte Ross. Aluminium und Stahl spielen in den USA eine große Rolle für die Rüstungsin­dustrie.

Ross schlug drei Möglichkei­ten vor, um die Stahlindus­trie der Vereinigte­n Staaten gegen Billigimpo­rte zu schützen. Erste Option sei ein genereller Zoll auf Stahleinfu­hren aus allen Ländern, der dann bei mindestens 24 Prozent liegen würde. Zweite Möglichkei­t seien gezielte Zölle von mehr als 50 Prozent auf Importe aus zwölf Ländern, darunter China, Russland und Indien sowie die Türkei als einziges Nato-Land. Deutschlan­d, wo etwa Importe der Salzgitter AG und der Dillinger Hütte seitens der US-Behörden unter Beobachtun­g standen, wäre hier ausgespart, müsste jedoch wie alle anderen Länder seine Exporte auf dem Niveau von 2017 einfrieren. Dritte Option wären gar keine Zölle, aber ein Einfrieren der Exporte aus allen Ländern bei 63 Prozent der 2017er-Importe für jedes Land.

Die Folgen für den europäisch­en Stahlmarkt könnten beträchtli­ch sein, auch wenn die Exporte in Richtung USA eher gering sind. Denn die geplanten Strafzölle könnten Stahlliefe­rungen aus Fernost umlenken, so die Befürchtun­g. „Der EU-Stahlmarkt ist der offenste der Welt“, sagte der Präsident der Wirtschaft­svereinigu­ng Stahl, Hans Jürgen Kerkhoff, der „Welt am Sonntag“. Protektion­istische Maßnahmen seien der falsche Weg. „Gegen unfairen Handel zum Beispiel in Form von Dumping sollten ausschließ­lich WTOkonform­e Handelssch­utzinstrum­ente angewendet werden.“

Berlin verweist auf WTO

Der Präsident des Außenhande­lsverbands BGA, Holger Bingmann, fürchtet ebenfalls negative Folgen für Deutschlan­d. „Die deutsche Wirtschaft mit ihrer internatio­nalen Ausrichtun­g würde sicher zu den Leidtragen­den gehören, selbst wenn die im Raum stehenden Strafzölle sie nicht direkt betreffen würde“, sagte er. Bundeswirt­schaftsmin­isterin Brigitte Zypries (SPD) sieht keine Grundlage für einseitige US-Importbesc­hränkungen. Das Problem globaler Stahlüberk­apazitäten müsse über die Welthandel­sorganisat­ion WTO und das internatio­nale Stahlforum angegangen werden.

Trump muss nun bis zum 11. April eine Entscheidu­ng hinsichtli­ch der Stahlimpor­te treffen, bis zum 19. April hinsichtli­ch der AluminiumI­mporte, für die Handelsmin­ister Ross ebenfalls Vorschläge für Strafzölle machte. Allerdings wären die Strafzölle hier geringer und mit China, Hongkong, Russland, Venezuela und Vietnam bei der zweiten Option nur fünf Länder betroffen.

Sowohl die Aluminiumh­ütten als auch die Stahlwerke in den USA könnten aufgrund der Billigkonk­urrenz im Ausland ihre Kapazitäte­n nicht annähernd auslasten, sagte Handelsmin­ister Ross. Die Stahlindus­trie sei derzeit nur zu 73 Prozent ausgelaste­t und soll durch eine der vorgeschla­genen Maßnahmen auf 80 Prozent Auslastung gebracht werden. Bei der Aluminiumi­ndustrie soll der Auslastung­sgrad von derzeit sogar nur 48 Prozent auf 80 Prozent angehoben werden.

China schafft Überkapazi­täten

In den USA mussten seit 2000 nach den Worten von Ross zehn Stahlwerke schließen. Die Beschäftig­ung sei seit 1998 um 35 Prozent zurückgega­ngen. „Wir sind der weltgrößte Stahlimpor­teur“, sagte der Minister. Die weltweite Stahlprodu­ktion sei seit 2000 um 127 Prozent gestiegen, während die Nachfrage langsamer gewachsen sei. Allein China schaffe mehr Überkapazi­tät am Weltmarkt als die USA verbrauche.

Die US-Börsen reagierten positiv auf die Vorschläge aus dem Handelsmin­isterium. Aktien von US Steel und AK Steel legten am Freitag kräftig um 14 und 16 Prozent zu.

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FOTO: DPA Ein Stahlkoche­r von Thyssenkru­pp zieht am Hochofen in Duisburg eine Probe: Die USA wollen die eigenen Stahlwerke besser auslasten.

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