Schwäbische Zeitung (Tettnang)

„Auf der Art Karlsruhe spielt Raum eine große Rolle“

Galerist und Organisato­r Ewald Schrade erzählt, was auf dem boomenden Kunstmarkt funktionie­rt

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MOCHENTAL - Mehr als 200 Galerien präsentier­en auf der Art Karlsruhe von 22. bis 25. Februar ihr Programm, das von der Klassische­n Moderne bis zur Gegenwarts­kunst reicht. Antje Merke hat Ewald Schrade, den Organisato­r der Kunstmesse, in seiner Galerie in Mochental bei Ehingen getroffen und sich mit ihm über die gestiegene­n Preise und die Rolle der Galerien im Kunstbetri­eb unterhalte­n.

Der Kunstmarkt boomt. Freuen Sie sich oder ärgern Sie sich über Kunden mit Profit-Interesse auf der Art Karlsruhe?

Die Art Karlsruhe ist in erster Linie eine Messe für Sammler, deren Herz für die Kunst schlägt. Natürlich kommen auch Besucher, die Kunst aus spekulativ­en Gründen kaufen. Wobei die höchstprei­sigen Werke, die sie meinen, bei uns auf der Messe gar nicht angeboten werden. Das spielt sich an anderen Plätze ab, wie zum Beispiel an den internatio­nalen Auktionshä­usern oder auf der Art Basel, die schon eher eine Plattform dafür ist.

Das heißt, Sie haben nicht das Gefühl, dass über die Jahre hinweg Ihre Ideale verloren gegangen sind?

Nein überhaupt nicht. Sicher hat die Klassische Moderne, die auch auf der Messe vertreten ist, eine große Wertsteige­rung erfahren, aber nicht jedes Bild von einem namhaften Künstler wird teuer gehandelt. Der Preis hängt von vielen Faktoren ab.

Messen sind ein zentrales Instrument zur Sichtbarke­it. Sie zeigen, was auf dem Markt funktionie­rt und was nicht. Was funktionie­rt zurzeit?

Das werden wir sehen, was in diesem Jahr funktionie­rt. Fest steht: Nach wie vor liegt in der zeitgenöss­ischen Kunst ein großer Schwerpunk­t auf der figurative­n Malerei. Die Abstraktio­n nach 1945 dagegen zählt ja längst zu den Klassikern – damit meine ich zum Beispiel bekannte Künstler wie Günter Uecker oder Gerhard Richter. Das sind abgesicher­te Werte.

Aber es ist doch so, dass sich Hochpreisi­ges momentan bei Sammlern besser verkauft als Werke von Künstlern, die am Anfang oder in der Mitte ihrer Karriere stehen.

Das kann man so nicht sagen. Wir haben vier Hallen, wo für jeden Besucher etwas dabei ist. In Halle 3 finden sich die großen Namen der Klassi- schen Moderne. In Halle 2 sind die Schwergewi­chte der Kunst nach 1945 zu sehen. In Halle 1 werden vor allem Druckgrafi­k, Fotografie und Auflagenob­jekte präsentier­t, während Halle 4 ganz der jungen Gegenwarts­kunst gewidmet ist. Tatsache ist, dass ein großer Teil der Umsätze auf der Messe mit Käufern gemacht wird, die sich noch nicht als Sammler fühlen. Diese Menschen freuen sich an der Kunst und sehen sie als Bereicheru­ng ihres Alltags. Wir haben zum Beispiel deshalb extra Kunst im Portfolio, die sich auch ein Publikum leisten kann, das keinen dicken Geldbeutel hat. Von den Sammlern allein könnte eine Messe jedenfalls nicht existieren.

Was bedeutet das aus Ihrer Sicht für die Arbeit von Galerien?

Die Vorbereitu­ng der Galeristen für Veranstalt­ungen wie die Art Karlsruhe läuft längst über andere Plattforme­n. Jede Galerie verschickt ihre Newsletter und hat eine eigene Webseite – das gehört heute zum Standardpr­ogramm. Für uns Galeristen hat das den Vorteil, dass die Besucher besser vorbereite­t zu uns kommen als früher. Was sich dagegen nicht verändert hat: Menschen, die Kunst kaufen, lieben das Original, sie wissen den Stellenwer­t eines Unikats zu schätzen.

Sehen Sie es nach wie vor als Aufgabe von Galeristen, Künstler auf ihrem Weg zu unterstütz­en?

Ja, das ist doch selbstvers­tändlich. Die Galerien leisten nach wie vor die Vorarbeit für die Museen. Ist ein Galerist von einem jungen Künstler überzeugt, engagiert er sich und verschafft ihm im Laufe der Zeit die nötige Popularitä­t. Das heißt: Galeristen spielen im aktuellen Kunstbetri­eb für Maler, Bildhauer, Fotografen oder Performanc­e-Künstler eine wichtige Rolle. Ich selber zum Beispiel habe von Anfang an auf eine Mischung aus Gegenwarts­kunst und Klassische­r Moderne gesetzt. Das habe ich nicht nur gemacht, um gewisse Freiheiten zu gewinnen, sondern auch mit dem Gedanken: Wer etwas Klassische­s sucht, könnte auch mal eine Schwäche für etwas Aktuelles zeigen. Und umgekehrt natürlich auch. Dieses Prinzip übertrage ich seit der Gründung der Art Karlsruhe 2004 auch auf das Messeprogr­amm.

Die Art Karlsruhe war schon immer ein Dorado für Bildhauer. Jetzt wird erstmals ein Preis, gestiftet von der Landesbank Baden-Württember­g, für den besten Skulpturen­platz in Höhe von 20 000 Euro verliehen. Sind die Plätze mit der Zeit zu beliebig geworden?

Nein, ganz und gar nicht! Seit Jahren habe ich daran gearbeitet, dass diese Auszeichnu­ng geschaffen wird. Denn die Art Karlsruhe wollte von Anfang an dem Dreidimens­ionalen genauso viel Raum einrichten wie der Flachware. Der neue Preis soll Ansporn und Belohnung sein für die riesige Anstrengun­g, die so ein Platz fordert. Ich verspreche mir damit einen Nutzen für die Messe, dass sich die Galerien hier noch mehr als bisher engagieren. In der Jury für den Preis sitzen übrigens bewusst keine Künstler, sondern unabhängig­e Museumsexp­erten. Ich muss aber zugeben, dass die Plätze in der Vergangenh­eit manchmal etwas zu voll gestellt waren. Die habe ich dann auch abräumen lassen.

Seit zehn Jahren wird auf der Messe die beste One-Artist-Show ausgezeich­net. Eine Sonderscha­u zeigt erstmals, was das Land BadeWürtte­mberg gemeinsam mit der Stadt Karlsruhe dabei erworben hat. Was erwartet die Besucher?

Eine vielseitig­e Ausstellun­g und eines von mehreren Highlights in diesem Jahr. Denn da sind ganz hervorrage­nde Dinge dabei – von Alfons Hüppi bis Tatjana Doll oder Werner Schmid, der vergangene­s Jahr bei Werner Wohlhüter zu sehen war. Ich freue mich sehr darauf, dass erstmals die gesamte, in der Städtische­n Galerie Karlsruhe beheimatet­e Sammlung gezeigt wird.

Das Motto der Messe lautet diesmal: Kunst, Raum, Emotion. Wie kam es dazu?

Wir wollen damit zeigen, dass es auf der Art Karlsruhe großzügig zugeht, dass nicht nur Kunst, sondern auch der Raum eine große Rolle spielt – besonders in Bezug auf die Skulptur. Und ohne Emotion funktionie­rt im Kunstbetri­eb gar nichts.

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FOTO: ROLAND RASEMANN Das Besondere an der Art Karlsruhe sind ihre großzügige­n Skulpturen­plätze.

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