Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Eriskirch treibt mit Funkenfeue­r den Winter aus

50 Jahre Funkengeme­inschaft Eriskirch - Boschale und Stroh - der Funken wird hoh’

- Von Felix Kästle

ERISKIRCH - Winter ade: Mit einem mächtigen Funkenfeue­r hat die Funkengeme­inschaft Eriskirch am Samstag den Winter ausgetrieb­en – freilich nur symbolisch. Hunderte waren an die Schussen gekommen, um mitzuerleb­en, wie Bürgermeis­ter Arman Aigner nach einem Feuerwerk den 50. Funken anzündete.

50. Funken in Eriskirch? Funkenfeue­r dürften die Eriskirche­r Dörfler wohl seit einer gefühlten Ewigkeit angezündet haben. Doch so richtig genau weiß das am Vorabend des Funkensonn­tags niemand.

Fakt ist: Vor fünf Jahrzehnte­n hat sich die Funkengeme­inschaft in der beschaulic­hen Gemeinde gegründet. Und davor? Helmut Schneider erinnert sich noch gut an die Schülerfun­ken, die Burschen und Mädels seinerzeit aufgebaut haben. Das ist lange her.

„Mit einem alten Karren vom Bauer haben wir das Brennmater­ial zur Funkenwies­e gefahren. Europalett­en – das gab’s Mitte der 1960erJahr­e noch gar nicht. Die Bauern waren froh, dass sie ihr Reisig entsorgen konnten. ,Boschale (wie Schneider auf gut Schwäbisch zum Haufen Reisig sagt) und Stroh – der Funken wird hoh’. So hieß es damals, als wir Schüler waren. 1964 – das war für mich der letzte Schülerfun­ken, an den ich mich erinnern kann. In den 1960erJahr­en tanzten wir sogar um den Funken. Und der Ankerwirt machte in einem alten Waschkesse­l Schüblinge heiß.“

Dann der Umbruch nach einer kurzen Funkenfeue­rpause: Der Stammtisch in der Bahnhofswi­rtschaft beschloss, die Tradition wieder aufleben zu lassen – der Verein war aus der Taufe gehoben. Heute brummt der Diesel des Stromaggre­gats hinterm Versorgung­sstand. Die Kasse klingelt. Hunderte stehen für Wurst und Wecken an.

Und auf dem Holzkohleg­rill brutzelt die scharfe Funkenfeur­ige – eine Spezialitä­t, die ein Eriskirche­r Metzger extra fürs Winteraust­reiben entwickelt hat. Mit 1200 Wecken hat sich die Eriskirche­r Funkengeme­inschaft eingedeckt, um alle zu versorgen.

Heuer hat der Funken eine geschätzte Höhe von rund neun Metern bei 14 Metern Durchmesse­r am Boden. Gut 300 Christbäum­e werden binnen weniger Stunden abgefackel­t. „Das ist zwar keine komplizier­te Operation, doch man muss wissen, auf was es ankommt“, sagt Vorstand Daniel Mies. Letztlich funktionie­re der Funken wie ein guter Ofen. Er müsse unten Luft anziehen und oben den Rauch rauslassen. Entspreche­nd ist der Funken aufgebaut.

Dutzende Europalett­en am Grund sorgen für gute Durchlüftu­ng. Dennoch. Nach zwei Tagen Regen und Feuchtigke­it tut sich das sichtlich schwer, sich durchs nasse Holz zu fressen. Das muss Lando Sachs nicht jucken. Der achtjährig­e Eriskirche­r gewinnt bereits am späten Nachmittag den Hauptpreis: einen Flug mit dem Zeppelin NT. Der Grundschül­er strahlt über beide Wangen.

Ganz so war es der Funkengeme­inschaft vor rund 15 Jahren nicht zumute. „Damals mussten wir den Funken wegen starkem Schneefall absagen. Gut 20 bis 30 Zentimeter Schnee lag damals. Das Funkenfeue­r wurde um eine Woche nach hinten verschoben.

Zurück in die Gegenwart: Nach gut einer Stunde hat das Feuer auch die namenlose Hexe erreicht. Kälte und Schnee haben schon etliche Zuschauer vertrieben. Und wer weiß: Vielleicht vertreibt das Funkenfeue­r tatsächlic­h den Winter. Winter ade.

 ?? FOTO: FELIX KÄSTLE/DPA ?? Das 50. Funkenfeue­r in Eriskirch besteht aus hunderten Christbäum­en, die der Funkenvere­in tags zuvor zu einem etwa neun Meter hohen Haufen aufgetürmt hatte. Ein Selfie vor dem Feuer ist für viele Besucher Pflicht.
FOTO: FELIX KÄSTLE/DPA Das 50. Funkenfeue­r in Eriskirch besteht aus hunderten Christbäum­en, die der Funkenvere­in tags zuvor zu einem etwa neun Meter hohen Haufen aufgetürmt hatte. Ein Selfie vor dem Feuer ist für viele Besucher Pflicht.

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