Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Nur sporadisch auf Augenhöhe
Ulmer Basketballer sind im Pokal-Halbfinale gegen Titelträger Bayern chancenlos
ULM – 25 Minuten waren am Samstagnachmittag gespielt, als die Ulmer Basketballer letztmals gegen den souveränen Bundesliga-Anführer FC Bayern führten, mit 48:47. Und dann? Glückte Alex King ein Dreier, legte Devin Booker in den Korb, trafen Booker und Regis Redding per Freiwurf und führte Braydon Hobbs den Gegner sogar vor: Münchens Spielmacher wartete allein vor dem Korb so lange mit dem Wurf, bis sich endlich eine Hand näherte, und lupfte den Ball dann aus Bauchhöhe ins Netz, als wäre er ein Hobbyspieler. Natürlich zog Hobbs ein Extrafoul, den Zusatzpunkt hatte er ja gewollt. Jared Cunningham, mit 22 Punkten überragender Mann der Gäste, legte noch zwei Freiwürfe nach, nur Da'Sean Butler hatte ihren 14-Punkte-Lauf kurz unterbrechen können. 50:61 hieß es somit nach 27 Minuten, „und wenn die Bayern einmal weggezogen sind, wird es unheimlich schwer“, sollte Ulms Trainer Thorsten Leibenath später sagen. Tatsächlich hatte sein Team in diesem so heiß ersehnten Pokal-Halbfinale keine Chance mehr. 73:84 (42:41) hieß es am Ende. In nur 150 Sekunden hatten die Bayern den kleinen Nachbarn Schachmatt gesetzt.
Am Sonntag setzten sich die Ulmer dann wenigstens im kleinen Finale gegen medi Bayreuth knapp mit 81:79 (40:41) durch. Ryan Thompson war mit 21 Punkten bester Werfer.
Doch war es der Samstag, der die Defizite aufzeigte: Zu viele Ballverluste, Unkonzentriertheiten und Fouls hatten sich die Ulmer im dritten Viertel geleistet. 30 kleine Illegalitäten waren es am Ende, so viele, dass Manager Thomas Stoll wütend war, denn alle hätte man aus seiner Sicht nicht pfeifen müssen: „25 super Minuten. Dann ging etwas die Kraft aus. Reboundduell gewonnen. Zu viele offene Würfe nicht gemacht. Grandiose Stimmung. 36 Freiwürfe für die Bayern. Normal müssten wir die Referees morgen im Spiel um Platz 3 wieder sehen“, twitterte er sarkastisch. Stoll war mit der Schiedsrichterleistung nicht einverstanden, klar, schließlich sind die Ulmer im Liga-Alltag neben Berlin mit 18 Fouls im Schnitt am fairsten.
Fotu als Hoffnungsträger
Entscheidend aber waren die Referees nicht, das war spätestens beim Blick in Per Günthers Gesicht klar. Für den 30-jährigen Jungvater und Kapitän war das Heim-Final-Four nach jeweils zwei Niederlagen in Bundesliga- und Pokalfinals die fünfte große Chance, mit Ulm eine Trophäe zu gewinnen, wieder hatte er sie verpasst. Wenn man Preise als Maßstab nimmt, könnte Günther zum Unvollendeten werden. Aber der Liebling der deutschen Basketballfans zu sein, ist ja auch ein Wert. Günther wirkte nicht wirklich frustriert, eher nachdenklich und selbstkritisch: „Unsere vier großen Siege in dieser Saison waren gegen Gran Canaria, Würzburg, Frankfurt und Bayreuth, das war alles. Da sollte man nicht erwarten, man müsste und könne die Bayern schlagen. Sie haben ja nicht mal überragend gespielt, dennoch hat es nicht gereicht, obwohl wir alles in die Waagschale geworfen haben. So ist das Leben. Ehrlich gesagt: Wir haben nichts dafür getan oder geleistet, hier in diesem Final Four sein zu dürfen. Andere waren bisher in dieser Saison besser.“
Tatsächlich müssen die Ulmer nach den jüngsten zwei Heimpleiten um den Play-off-Einzug in der Liga bangen. Hoffnung macht ihnen Isaac Fotu, mit 21 Zählern und 21 Effizienzpunkten ihr mit Abstand bester Mann. „Er spielt schon die ganze Saison gut“, lobte Leibenath, wusste aber: Um die Münchner Millionentruppe zu schlagen, „hätte alles perfekt laufen müssen“. Soll heißen: Auch ein Center wie der lang verletzte Tim Ohlbrecht, der nur zehn Minuten spielte, müsste in Topform sein, Trey Lewis (1/8) und Butler (3/ 10) zielsicherer, Luke Harangody nicht verletzt. Die Dreierquote müsste besser sein als 6/24, die Ballverluste geringer als 16 und „der Ball besser bewegt werden“. So sah es auch Leibenath, bloß: Perfekte Tage sind selten bei unperfekten Menschen. „Wir haben bis heute nicht den Beweis erbracht, gegen Bayern, Bamberg oder Berlin eine Playoffserie oder ein Finale gewinnen zu können“, sagte er. „Da kann man eben nicht von Augenhöhe reden. Trotzdem bin ich stolz auf meine Mannschaft. Wir waren 25 Minuten ebenbürtig. Bei den schnellen Angriffen, beim Rebounden in der Offensive, bei dem also, was den FC Bayern auszeichnet, da konnten wir ihm den Zahn ziehen. Aber München hat so viel Qualität, dass sie dann halt immer noch mehr Waffen haben.“
In der Kategorie „Hexenkessel“bleiben die Ulmer immerhin Spitzenreiter in Deutschland. Man sei „anfangs zu nervös“gewesen, „die Atmosphäre hier hat uns beeindruckt“, räumte Münchens Alex King ein, Ulm habe mit Abstand das lauteste Publikum der Liga. Nur das Team zum Sieg schreien, das war auch für die 6000 Menschen am Rand zu viel.