Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Gomez bricht den Auswärtsbann
Stürmer sei Dank – VfB Stuttgart gewinnt das Derby beim Angstgegner in Augsburg 1:0
AUGSBURG – Tayfun Korkut ist ein Trainer, der offenbar gerne öfters mal was Neues wagt, obwohl er eben dies vor dem Derby beim FC Augsburg bestritten hatte. Er werde nicht jedes Mal die Mannschaft ändern, hatte der Stuttgarter erzählt – und tat es doch: Holger Badstuber rückte für Dennis Aogo ins Team, spielte aber nicht in der Innenverteidigung, sondern überraschenderweise im defensiven Mittelfeld neben Santiago Ascacibar. Da zudem Mario Gomez nach überstandener Grippe neben/ vor Daniel Ginczek spielen konnte, hatte auch die von Korkut eingeführte Doppelspitze weiter Bestand.
Die taktischen Kniffe funktionierten hinten wie vorne. Am Ende des Tages stand ein 1:0 (1:0) im Derby beim Club aus Bayerisch-Schwaben. Es ist der erste Auswärtssieg für den VfB nach zuletzt 18 sieglosen Versuchen und der erste Sieg gegen Augsburg seit November 2012. Für den VfB war es zudem im dritten Spiel unter dem neuen Trainer Tayfun Korkut der zweite Sieg hintereinander. Das erste Spiel unter Korkut war unentscheiden ausgegangen. „Sieben Punkte in drei Spielen unter dem neuen Trainer, das kann sich sehen lassen“, sagte Mario Gomez, dem der goldene Treffer gelungen war (27.).
Nach zaghaftem Beginn erarbeitete sich der VfB nach 27 Minuten einen Freistoß. Gomez hatte Ginczek geschickt, der war von FCA-Jungverteidiger Kevin Danso gefoult worden. Der Ex-Augsburger Erik Thommy schoss den Ball zwar in die Mauer, doch nun zeigte sich die Kaltschnäuzigkeit des Torjägers Gomez. 15 Meter vor dem Tor reagierte der 32-Jährige am Wachsten, schnappte sich den Abpraller und schoss ihn flach in die rechte Ecke. Das 1:0, Gomez’ zweites Tor für den VfB nach seiner Rückkehr. Stuttgart dominierte nun, Kapitän Christian Gentner hatte die Großchance zum 2:0, Marwin Hitz parierte seinen Volleyschuss (34.).
Augsburg, gegenüber dem 0:2 in Leipzig unverändert, reagierte – und traf auch (37.), Michael Gregoritsch aber stand bei seinem Schuss nach Abpraller von VfB-Torhüter Ron-Robert Zieler klar im Abseits. Der Videoassistent hatte eingegriffen, der Linienrichter hatte die Situation übersehen, was Zieler massiv erzürnte – er sah von Schiedsrichter Tobias Stieler Gelb. Auch die Fans beider Lager finden den Videobeweis offenbar nicht so toll: „Scheiß DFB“und „Ihr macht unseren Sport kaputt“, riefen sich die Kurven im Wechsel zu – auch nach dem nächsten Videobeweis. Gomez war im Zweikampf mit Martin Hinteregger zu Fall gekommen, gestikulierte wild, Stieler unterbrach die Partie überraschend, entschied dann aber gegen Elfmeter.
Stuttgart hatte mehr Torschüsse (16:8), mehr Ecken, bessere Stürmer – und die klareren Chancen. Ginczek hatte die nächste (51.), ehe auch Gregoritsch gefährlich zum Abschluss kam – Zieler parierte (57.). Nach 65 Minuten hätten die Gäste die Partie entscheiden müssen: Nach perfektem Konter und Traumpässen von Cristian Gentner und Ginczek schoss Gomez frei vor dem Tor aus sechs Metern Hitz an. Der lenkte den Ball auch kurz darauf bei Ascacibars Schuss gerade noch über die Latte.
Korkut entschied sich wie gegen Gladbach, das 1:0 zu halten und auf eine Fünferabwehrkette umzustellen. Er brachte Aogo für Thommy (69.), Badstuber rückte nach hinten. Dennoch blieb der VfB am Drücker:
Ginczek hatte nach Fehlpass von Danso eine weitere Großchance. Der FCA – Trainer Manuel Baum musste nach 75 Minuten wegen Reklamierens auf die Tribüne – blieb dagegen bis zum Ende harmlos, Hinteregger verstolperte nach Eckball noch die 1:1-Chance.
Nach 95 Minuten war er dann vollbracht – der erste BundesligaAuswärtssieg für die Stuttgarter seit zwei Jahren. Ihr großes Manko scheint also behebbar zu sein, mit 27 Punkten arbeiteten sie sich auf Rang 13 vor. Der Abstand auf den direkten Abstiegsplatz 17 beträgt nun bereits zehn Zähler, der zur Relegation weiter vier Punkte. „Wir sind natürlich alle riesig erleichtert, der Sieg war hochverdient, alle Maßnahmen des Trainers haben wieder gefruchtet“, sagte Manager Michael Reschke. Korkut, der nun in drei Spielen sieben Punkte holte, sprach seinem Team ein „großes Kompliment“aus. „Das war ein sehr gutes Auswärtsspiel. Wir waren hinten stabil und offensiv stark und hatten etliche Chancen, nur haben wir zu viel davon ausgelassen. Der Geist in der Mannschaft ist hervorragend. Doch bei aller Freude über den Sieg: Letztlich waren es nur drei Punkte. Ich habe den Spielern gesagt: Wir denken nur von Minute zu Minute. Das gilt auch weiter.“Baum wollte zum Referee und manchen umstrittenen Urteilen nichts sagen: „Wir sollten über unsere Leistung reden, die war schlecht genug“, so der Augsburger Trainer.
„Doch bei aller Freude über den Sieg: Letztlich waren es nur drei Punkte.“