Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Wellinger ganz ausgeschlafen
Überragender Skispringer der Spiele bewahrt sich die Lockerheit – Nur Kamil Stoch stärker
PYEONGCHANG - Jens Deimel versteht sein Fach. Jens Deimel, Nordischer Kombinierer einst, arbeitet in Werner Schusters Trainerstab. Als Co-Trainer für die Skisprung-Weltcup-Mannschaft im zweiten Jahr, als Matratzentester zudem seit Pyeongchang. Sein jüngster Erfolg im Zweitjob: die Silbermedaille, die Andreas Wellinger am Samstag von der Großschanze ersprang.
Überraschungsgold vom kleineren Bakken, jetzt nachgelegt und nach 135,5 und 142,0 Metern (282,3 Punkte) allein von Kamil Stoch (135,0 und 136,5/285,7) bezwungen: Andreas Wellinger hatte allen Grund zur Freude. „Schöner kann man sich’s eigentlich gar nicht wünschen“, sagte der 22-jährige Wahl-Münchner, und weil’s grad so schön war, verlegte er die Journalisten-Runde kurzerhand aufs Kamerapodest im Medienzelt des „Alpensia Ski Jumping Centre“. Er im Schneidersitz auf dem Boden, die Fragesteller kniend, kauernd, schneidersitzend auch, dicht an dicht vis-à-vis.
Hier kam die Rede auf die Matratzen. 40 von ihnen hatte ein Sponsor des Deutschen Skiverbands nach Südkorea geliefert, verschiedene Härtegrade, feine Sache. Jens Deimel aber gehörte zu den Frühankommern im DSV-Quartier. Ein Blick, ein Test, „dann hat er gleich mal fünf geblockt“. Ein Nutznießer ist Andreas Wellinger, er schlafe bestens, das wiederum helfe richtig: „Ich bin ziemlich durcheinander, wenn ich schlecht geschlafen hab’.“
Der also dank Jens Deimel ausgeschlafen-sortierte Andreas Wellinger war auch ein ziemlich entspannter Andreas Wellinger am Morgen des Wettkampftages. These: Gold relaxt. Antwort: Stimmt! (Motivation und Ambitionen allerdings bremst es nicht).
Womöglich wichtiger für eine gewisse Lockerheit aber waren die Fortschritte während der Trainingsblöcke. Denn: „Mit der Umstellung auf die ,Große‘ war es mir am Anfang gar nicht so leicht.“Zäh jedoch wurde es nicht. Bundestrainer Werner Schuster: „Der Andi hat sich die Anlage ein bissl erarbeiten müssen. Er hat immer mehr die Klarheit gekriegt, wie er diese Schanze springen muss, und er hat es absolut auf den Punkt gebracht. Beide Sprünge waren auf absolutem Top-Niveau.“
Zu Gold reichte das nicht. Auch wenn die 142,0 Meter im Finale die größte Weite der Konkurrenz gewesen sind. „Ich hab’ wirklich Mitte Flug erst gemerkt, dass ich richtig gute Bedingungen hab’, und ich glaub’, ich hab’s ausgenutzt.“Und, um das Lob von Teamkollege Karl Geiger aufzugreifen, „richtig einen runterbrannt“.
Nur Stoch konnte kontern
Da zu kontern – das ist Kamil Stoch. „Er hat’s verdient“, sagte Andreas Wellinger. Spät war‘s geworden. Die Matratze wartete. Die Ansage von Andreas Wellinger war klar: „Wenn die vier, die starten dürfen, ihr Bestes zeigen, dann müssen sich die anderen lang machen.“Starten werden im Teamwettbewerb von der Großschanze am Montag (13.30 Uhr MEZ) der Gold- und Silbermedaillengewinner, Richard Freitag (im Einzel Neunter), Karl Geiger (Siebter) sowie Stephan Leyhe. Ihn hat Bundestrainer Werner Schuster nach feiner Trainingsleistung Markus Eisenbichler vorgezogen: „Stephan hat sehr gute, stabile und perspektivisch gute Sprünge gezeigt. Und er ist sehr absprungstark.“(lin)