Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Keine Angst vor der Narkose
Vortrag in der Reihe „Medizin am Gleis“in Meckenbeuren
MECKENBEUREN (sz) - „Keine Angst vor der Narkose“hat es am Mittwoch bei „Medizin am Gleis“, der Vortragsreihe des „Medizin Campus Bodensee“(MCB), im Kulturschuppen Meckenbeuren geheißen. Mit Anästhesie-Chefarzt Prof. Dr. Volker Wenzel und Benjamin Berneck, Fachkrankenpfleger für Anästhesie und Intensivmedizin im Klinikum Friedrichshafen, standen zwei Spezialisten rund um das Thema Narkose den interessierten Zuhörern Rede und Antwort schreibt der MCB in einem Bericht.
Angst, die Kontrolle über den eigenen Körper abzugeben, Angst, während der Operation aufzuwachen, Angst vor einer Infektion – vor einer Operation werden Patienten von den unterschiedlichsten Bedenken geplagt. „Ängste sind tief in uns drin und völlig normal. Sie sind individuell und zu akzeptieren“, betont Wenzel, Zentrumsdirektor und Chefarzt derKlinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie des MCB. Wichtig sei in erster Linie, sich zu trauen, über seine Ängste zu reden, beispielsweise während des Narkosegesprächs im Vorfeld der Operation.
Vor der OP hat der Patient einen Fragebogen so ehrlich und ordentlich wie möglich auszufüllen. Gefragt wird zum Beispiel nach Allergien, dem Gewicht, ob man raucht, nach Krankheiten der Verwandten und ob man den Mund gut öffnen kann. „Letzteres müssen wir wissen, falls jemand während der Operation künstlich beatmet werden muss.“Nur sehr selten komme es vor, dass ein Patient den Fragebogen nicht unterschreiben will. „In dem Fall operieren wir nicht, denn das wäre Körperverletzung“, erläutert der Zentrumsdirektor. Anders sieht es aus, wenn der Patient zum Beispiel einen Unfall hatte und bewusstlos ist. „Dann handeln wir im Auftrag.“
Wichtig ist Prof. Wenzel, dass niemand Angst vor Schmerzen zu haben braucht. „Das gilt auch für Schmerzen während der Geburt“, betont er. Entscheidend für den Einsatz einer Periduralanästhesie (PDA) sei in den Häusern des „Medizin Campus Bodensee“allein der Wunsch der werdenden Mutter.
Angst, während OP aufzuwachen
Eher unbegründet sei die Angst, während einer OP aufzuwachen. Im Operationssaal ist für Hightech-Überwachung des Patienten gesorgt. Ebenso wie auf der Intensivstation werden Atmung und Kreislauf ständig kontrolliert. So sei auch die Angst, während einer Narkose zu versterben, eher nicht begründet. „Die Technik sorgt für ein sehr hohes Maß an Sicherheit.“
Relativ selten plagt Patienten die Angst, dass ihnen während der Operation Organe geraubt werden oder dass die Ärzte etwas machen, was sie im Vorfeld nicht unterschrieben haben. Durch zahlreiche Kontrollmechanismen machen die drei MCBKliniken wiederkehrende Abläufe noch sicherer und verhindern Fehler. Zu den Kontrollen zählen Schritte wie die mehrfache Prüfung der Identität des Patienten und das Zählen aller Instrumente vor und nach dem Eingriff.
In der Fragerunde berichteten die Besucher des Vortrags von Wortfindungsstörungen und zunehmender Vergesslichkeit im Zusammenhang mit einer Narkose. „Das ist theoretisch möglich und kann nicht ausgeschlossen werden“, sagte Prof. Wenzel und sprach von einer Herausforderung für die Zukunft, die Durchblutung des Gehirns noch genauer zu erforschen. Eine Rolle spiele in diesem Zusammenhang auch das Alter der Patienten. Im Gegensatz zu der Zeit vor 30 Jahren gehöre heute eine Herz-OP bei einem 78-Jährigen zu den Routine-Eingriffen. Beschäftigt hat die Besucher auch, wie belastend eine Narkose für den Organismus ist. Hier konnte Dr. Wenzel beruhigen: „Die Medikamente sind sehr gut geworden.“
„Wie wollen wir alt werden?“ist das nächste Thema bei Medizin am Gleis am Mittwoch, 8. März um 19 Uhr in Meckenbeuren.