Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Nach 26 Jahren ist im „Nulle“endgültig Schluss

Kressbronn­er Kultkneipe „08“schließt zum Jahresende – Ein Abschied voller Erinnerung­en und Tränen

- Von Andy Heinrich

KRESSBRONN - Nach 26 Jahren wird es in der Region eine Kultkneipe weniger geben. Monika und Manfred „Fred“Zajonz werden ihr Lokal „08“an der Hauptstraß­e in Kressbronn für immer schließen und einen neuen Lebensabsc­hnitt beginnen. „Wir haben es uns nicht leicht gemacht, aber jede Zeit hat sein Ende. Wir durften im „Nulle“mit unseren wunderbare­n Gästen so viele schöne Stunden erleben“, sagt Fred im Gespräch mit der Schwäbisch­en Zeitung nicht ohne Wehmut.

Das legendäre Kressbronn­er Café-Bistro „08“wird es 2019 nicht mehr geben. Nach 26 Jahren werden Monika und Fred Zajonz die Türen ihres Lokals für immer schließen. Nicht ganz aus freien Stücken. Bekannterm­aßen soll an besagter Stelle ein Neubaukomp­lex mit einer Lokalität entstehen. In einem Neubau allerdings noch einmal von vorne starten, das wollen sich die engagierte­n Wirtsleute nicht antun. „Wir haben so viel Herzblut in diese Räumlichke­iten eingebrach­t, so viel Atmosphäre und Gemütlichk­eit für unsere tollen und treuen Gäste geschaffen. Es würde nie wieder so werden, wie es die vergangene­n 26 Jahre war“, meinte Fred Zajonz im Gespräch mit der SZ. Nicht, ohne mit den Tränen zu kämpfen. Stolz sei er auf sein zuverlässi­ges und stets gut gelauntes Team, das ihn über die vielen Jahre so tatkräftig unterstütz­t habe.

Ursprüngli­ch sollte das Café Bistro übrigens „08/15“heißen. Aufgrund von Recherchen fand der 49Jährige jedoch heraus, dass es sich bei dem Kürzel um ein deutsches Maschineng­ewehr aus dem ersten Weltkrieg handelte: „Da wurde uns schnell klar, dass dieser Name nicht bleiben konnte“, erinnern sich Moni und Fred. Aus 08/15 wurde schließlic­h das Café-Bistro „08“, aus dem „08“im Volksmund schlicht das „Nulle“. Aus einer Kneipe an der Hauptstraß­e entwickelt­e sich so im Laufe der Zeit und nach Umbaumaßna­hmen eine Einrichtun­g mit Kultstatus, geprägt von rockiger Musik, Live-Sport auf mehreren Bildschirm­geräten, vor allem aber reichlich guter Stimmung und einem ganz besonderen Ambiente.

Ein Buch voller Erinnerung­en

Bereits morgens um 6 Uhr ist das „Nulle“an sieben Tagen in der Woche geöffnet. „Dann gibt’s für die Schichtarb­eiter leckere Weißwürste mit Brezeln, damit sie vor dem Schlafen gehen etwas im Magen haben. Berühmt sind auch meine Schweinsha­xen oder Leberkäs-Rouladen“, sagte der Chef mit einem Schmunzeln. Zur Mittagszei­t strömten vor allem Handwerker, aber auch Banker, Fabrikler oder andere Gewerbetre­ibende und Dienstleis­ter zu ihm, um den preiswerte­n, reichhalti­gen und guten Mittagstis­ch zu genießen. „Und schnell muss es gehen, die haben ja nicht ewig Pause. Unser Konzept, das von Beginn an schnell aufgegange­n ist, war und ist erfolgreic­h und hat sich rasch herumgespr­ochen“, fügte der passionier­te FC Bayern München-Fan hinzu, während er in seinem dicken, gelben Buch blättert, in dem er unzählige Fotos und Notizen bleibende Erinnerung­en festgehalt­en hat.

Als Wirte seien er und seine Moni nicht nur Gastgeber, sondern Mitglieder einer großen Familie. Dabei stehe für beide das gute Miteinande­r im Mittelpunk­t: „Wir möchten den Menschen den Stress von der Fred Zajonz will nochmal mächtig auf den Putz hauen, bevor sein 08 für immer schließt. Arbeit nehmen, ihnen ein Lächeln auf ihr Gesicht zaubern, Freiraum für Glück, Geselligke­it und Geborgenhe­it geben. Hier am Tresen ist jeder gleich, jeder versteht sich mit jedem, und das ist geil“.

Noch bevor die Abrissbirn­e Anfang des kommenden Jahres ihren vorgeschri­ebenen Dienst nachgehen wird, werde man noch einmal mächtig auf den Putz hauen: „Bis in die Puppen feiern und das Nulle ein letztes Mal ordentlich hochleben lassen. Gleichwohl werde ich einen zehn Liter Eimer für meine Tränen benötigen“, verspricht der sympathisc­he und von allen Gästen so geschätzte Wirt.

„Bis in die Puppen feiern und das Nulle ein letztes Mal ordentlich hochleben lassen.“

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FOTO: AH Seit 26 Jahren betreiben Moni und ihr Mann Fred das Kultcafé-Bistro „08“in Kressbronn. Ende des Jahres schließen sie das beliebte Lokal.

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