Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Gespinstmarkt: Autos sollen weg
OB Rapp ist für Einrichtung einer Fußgängerzone – Wifo sieht dabei auch Nachteile
RAVENSBURG - Bislang hat die Ravensburger Innenstadt keine nennenswerte Fußgängerzone. Selbst über den Marienplatz fahren Autos beziehungsweise Busse. Lediglich am Holzmarkt und auf kleinen Teilstücken der Bachstraße sowie der Adlerstraße gibt es autofreie Zonen. Das könnte sich bald ändern. Wenn es nach Oberbürgermeister Daniel Rapp geht, wird der Gespinstmarkt zur Fußgängerzone.
In den vergangenen Wochen machte Rapp Werbung für seine Idee. Bei Grünen und SPD brauchte er sich dafür nicht anzustrengen, denn beide Fraktionen hatten sich schon öffentlich dafür ausgesprochen. Bei der CDU als größter Fraktion habe er allerdings Überzeugungsarbeit leisten müssen. „Dort hat aber ein Umdenken stattgefunden“, so Rapp. Eine Entscheidung wird der Gemeinderat voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte fällen.
Als zweite Variante der Neugestaltung des Gespinstmarktes, auf dem derzeit Autoverkehr in beide Richtungen zulässig ist, wäre eine Einbahnstraßenregelung mit verkehrsberuhigter Zone denkbar. Dies favorisierte bislang das Wirtschaftsforum pro Ravensburg (Wifo). Die Vereinigung von ortsansässigen Händlern, Dienstleistern, Handwerkern und anderen Unternehmern vertrat die Meinung, „dass eine reine Fußgängerzone den Handelsstandort Gespinstmarkt, aber auch die Erreichbarkeit der ganzen Oberstadt deutlich verschlechtern würde“, meint Wifo-Geschäftsführer Eugen Müller. Der Vorstand will über das Thema allerdings noch einmal in einer der nächsten Sitzungen beraten.
Bei dieser Variante blieben etwa sechs der 15 bis 20 Parkplätze übrig – die Zahl schwankt je nach Jahreszeit wegen der fehlenden Außengastronomie im Winter. Baubürgermeister Dirk Bastin erläutert der Schwäbischen Zeitung auf Nachfrage, warum die Einbahnregelung aus Sicht der Stadtverwaltung eigentlich nicht infrage kommt: Das Problem, dass Hunderte von Autos Tag für Tag die Runde über Frauenstraße, Herrenstraße, Kirchstraße und Gespinstmarkt fahren, um dort einen Stellplatz zu ergattern, würde sich eher noch verschärfen. „Manche drehen heute schon fünf Runden, bis sie einen Platz finden.“Je weniger Plätze, desto schlimmer der Parksuchverkehr, denn manche Autofahrer seien in dieser Hinsicht unbelehrbar. Das Problem lasse sich nur lösen, wenn man den Platz komplett für den motorisierten Verkehr sperre.
Der Stadtverwaltung schwebt für die 2200 Quadratmeter große Fläche vor, dass dort zur warmen Jahreszeit mehr Außengastronomie zugelassen wird. Der Stadtbach, der in dem Bereich unterirdisch fließt, soll teilweise sichtbar gemacht werden. So ähnlich wie in der Roßbachstraße. Dort verläuft der eigentliche Bach – was viele nicht wissen – auch 3,50 Meter in der Tiefe. Das sichtbare Gewässer ist eigentlich nur ein abgezweigtes Rinnsal.
Ähnlich könnte der Gespinstmarkt gestaltet werden. Die frühere Turbine von Escher-Wyss soll mit Unterstützung des Nachfolgeunternehmens Andritz Hydro bei der Gelegenheit auch sichtbar gemacht werden. „Es wäre unser großer Traum, dass die Energie dieser Turbine für eine Tankstation von E-Bikes genutzt werden kann“, sagt Bastin. Ferner schwebt der Stadtspitze vor, die Aufenthaltsqualität für Menschen zu erhöhen, die nicht unbedingt etwas konsumieren wollen. Mit Sitzecken für Mütter, deren Kinder im Stadtbach planschen.
Wenn alles gut läuft, könnte mit der Umgestaltung begonnen werden, sobald zwei Ebenen der Marienplatzgarage wieder offen sind, voraussichtlich im August 2019. Da die Ravensburger Innenstadt auch ans Nahwärmenetz angeschlossen wird (siehe nebenstehenden Artikel), könnten die Stadtwerke bei der Gelegenheit gleichzeitig die Leitungen verlegen, und der Untergrund muss nicht zweimal aufgebuddelt werden.