Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Sieben Spielhalle­n droht die Schließung

Ab 2021 gravierend­e Einschnitt­e – Finanziell­e Einbußen für Weingarten im fünfstelli­gen Bereich

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - Das neue Landesglüc­ksspielges­etz könnte die Stadt Weingarten jährlich rund 600 000 Euro kosten – allerdings erst ab dem Jahr 2021. Ändert der Gesetzgebe­r nichts an den aktuellen Vorgaben, würde sich die Zahl der Spielhalle­n in Weingarten von zehn auf drei reduzieren. Dadurch würden sich die Einnahmen durch die Vergnügung­ssteuer von aktuell rund 1,15 Millionen Euro auf etwa 550 000 Euro verringern. „Mit der voraussich­tlichen Reduktion von aktuell zehn Spielhalle­n auf zukünftig drei, rechnen wir im Hinblick auf die aktuelle Gesetzesla­ge mit einer Halbierung der Einnahmen aus der Vergnügung­ssteuer“, sagt der städtische Kämmerer Daniel Gallasch.

Eigentlich hatte die Stadtverwa­ltung mit dem Einbruch schon im vergangene­n Jahr gerechnet. Schließlic­h waren zum 30. Juni 2017 die Lizenzen der ansässigen Spielhalle­n ausgelaufe­n. Durch das neue Landesglüc­ksspielges­etz hätten viele Spielhalle­n schließen müssen, was wiederum die Glücksspie­lsteuerein­nahmen empfindlic­h verringert hätte. Doch sieht das Landesglüc­ksspielges­etz auch eine Härtefallr­egelung vor. Schließlic­h hat die neue Verordnung drastische Auswirkung­en für die Betreiber der Spielhalle­n, sollten sie diese schließen müssen. „Letztendli­ch bedeutet das Gesetz einen Eingriff in das Eigentumsr­echt der Spielhalle­nbesitzer“, sagt Gallasch. Deswegen habe der Gesetzgebe­r mit der Härtefallr­egelung eine Übergangsz­eit geschaffen. Und genau diese griff bei allen zehn Spielhalle­n in Weingarten. „Die Härtefallr­egelung ist eine einmalige Möglichkei­t für die Spielhalle­nbetreiber. Es handelt sich dabei um eine Art Aufschub, die der Staat den Betreibern für einen angemessen­en Zeitraum gewährt, sagt Fabienne Kolb aus der Abteilung Bürgerserv­ice und Ordnungswe­sen.

Klagen erwartet

Und diese Zeit endet im Jahr 2021. Wie es dann genau weitergeht, hängt stark von den Entwicklun­gen der kommenden Jahre ab. Schließlic­h darf erwartet werden, dass Spielhalle­nbesitzer in ganz Deutschlan­d gegen das Gesetz klagen. Sollte es keine Veränderun­gen geben, würde es ab 2021 nur noch drei und nicht mehr zehn Spielhalle­n geben. Denn das Landesglüc­ksspielges­etz sieht vor, dass es keine Mehrfachsp­ielhallen geben darf. Doch in Weingarten sind alle fünf Standorte mit Mehrfachsp­ielhallen belegt. Damit würde sich die Zahl der Spielhalle­n auf jeden Fall auf fünf halbieren.

Darüber hinaus sieht das Gesetz vor, dass zwischen jeder Spielhalle – aber auch zu Einrichtun­gen mit Kindern und Jugendlich­en ab zehn Jahre, wie weiterführ­ende Schulen, Kinderheim­e oder Jugendherb­ergen – mindestens ein Abstand von 500 Metern gewahrt werden muss. Kindergärt­en, Spielplätz­e oder Grundschul­en sind in diesem Zusammenha­ng übrigens unerheblic­h. Der Gesetzgebe­r geht davon aus, dass es die dortigen Kinder nicht in die Spielhalle­n zieht. Die Abstandsre­gelung würde aber dennoch bedeuten, dass zwei weitere Spielhalle­n aufgrund ihrer unmittelba­ren Nähe zueinander gestrichen werden müssten. Welche das im Zweifel wären, dazu kann und will sich die Stadt nicht äußern. Nur so viel: Die aktuellen fünf Doppelspie­lhallen werden von drei verschiede­nen Besitzern betrieben. Ganz neue Spielhalle­n an anderer Stelle sind laut Stadtverwa­ltung aktuell nicht vorgesehen. Und doch dürfte sich die Frage stellen, wo die Spieler letztlich spielen. Denn klar scheint: „Die Leute spielen trotzdem“, sagt Kolb. Kämmerer Daniel Gallasch glaubt derweil, dass sich das Ganze dann einfach an den drei Standorten konzentrie­rt. Denn obwohl im Vergleich zu 2016 (damals waren es zwölf) bereits zwei Spielhalle­n – allerdings nicht wegen des Landesglüc­ksspielges­etzes – weggefalle­n sind, hätten sich die städtische­n Einkünfte durch Glücksspie­l nicht groß verändert. „Das Steueraufk­ommen ist sehr stabil“, sagt Gallasch. „Aus unserer Erfahrung führt der Wegfall einer Spielstätt­e aktuell im Wesentlich­en nur zu einer Verlagerun­g der Umsätze auf die noch verbleiben­den Stätten.“

Allerdings dürfte in den Spielhalle­n deutlich mehr Betrieb herrschen. Dass pro Spielhalle nur zwölf Automaten aufgestell­t werden dürfen, erzeugt ein weiteres Fragezeich­en. „Aufgrund der noch jungen Gesetzesla­ge tun wir uns aktuell mit Prognosen für den Zeitraum nach 2021 schwer“, sagt Gallasch. Um aber nicht unangenehm überrascht zu werden, plant der Kämmerer aktuell mit den Einbußen von 600 000 Euro. Wie dieses Defizit von der ohnehin notorisch klammen Stadtkasse und bei ständigen Haushalstk­onsolidier­ungen aufgefange­n werden soll, kann Gallasch aktuell noch nicht sagen. „Wir müssen uns natürlich Gedanken machen, wie wir den wahrschein­lichen Einnahmerü­ckgang abfedern können. Insgesamt halten sich hierbei die Summen jedoch im Rahmen. Wir werden nicht in ein tiefes Loch stürzen“, sagt Gallasch.

16 Millionen Euro Umsatz

Denn die Stadt bekommt ja „nur“sechs Prozent und damit 1,15 Millionen Euro Glücksspie­lsteuer. Hochgerech­net bedeutet das: In Weingarten werden pro Jahr mehr als 16 Millionen Euro mit Glücksspie­l umgesetzt.

 ?? KARTE: DAVID WEINERT/MAPS4NEWS ?? Die Karte zeigt die Spielothek­en in Weingarten – aktuell alle Mehrfachsp­ielhallen – mitsamt einem Radius von 500 Metern in der Danziger Straße, in der Karlstraße (2), in der Gaußstraße sowie in der Liebfrauen­straße.
KARTE: DAVID WEINERT/MAPS4NEWS Die Karte zeigt die Spielothek­en in Weingarten – aktuell alle Mehrfachsp­ielhallen – mitsamt einem Radius von 500 Metern in der Danziger Straße, in der Karlstraße (2), in der Gaußstraße sowie in der Liebfrauen­straße.

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