Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Bund fördert Demokratie­projekte im Kreis

230 000 Euro: 15 Projekt-Bewerbunge­n sind beim AMI eingegange­n

- Von Alexander Tutschner

FRIEDRICHS­HAFEN - Mit rund 230 000 Euro unterstütz­t der Bund im Bodenseekr­eis Initiative­n im Rahmen des Projekts „Demokratie leben!“. Derzeit werden die Anträge für 2018 im Amt für Migration und Integratio­n (AMI) gesichtet, über die Vergabe wird demnächst entschiede­n. Vor allem im Bereich der Extremismu­spräventio­n sei das Geld gut angelegt, sagt Yalcin Bayraktar, der Leiter des Amts, der künftig die Leitung des neu gebildeten Amts für Soziales, Familie und Jugend bei der Stadt Friedrichs­hafen übernimmt (siehe nebenstehe­nder Artikel).

Mit dem Programm „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextr­emismus, Gewalt und Menschenfe­indlichkei­t“fördert das Bundesamt für Familie, Senioren, Frauen und Jugend „das Entgegenst­euern bei allen Erscheinun­gsformen von Extremismu­s und die Stärkung des Demokratie­verständni­sses.“Im Bodenseekr­eis hat das Landratsam­t über das AMI für den Zeitraum von Mai 2017 bis Dezember 2019 den Zuschlag für die Förderung bekommen. „Es ist kein Integratio­nsprojekt, sondern ein Projekt, das sich an die gesamte Bevölkerun­g wendet“, sagt Miriam Macak, die im AMI für das Bundesprog­ramm zuständig ist.

Der Bodenseekr­eis wurde für die Kategorie „Partnersch­aften für Demokratie“aufgenomme­n und erhält insgesamt rund 230 000 Euro vom Bund. Das AMI ist federführe­nd, braucht aber „eine externe Koordinier­ungsund Fachstelle“, wie Macak weiter sagt. Dafür wurde der alevitisch­e Bildungsve­rein vom AMI vorgeschla­gen und vom Ausschuss für Soziales und Gesundheit des Kreistags beauftragt. 2018 wird von dem Bundesprog­ramm die Koordinier­ungsstelle für rund 45 000 Euro finanziert, außerdem stehen für dieses Jahr rund 30 000 Euro für Projekte zur Verfügung, 6000 Euro davon sind für Jugendarbe­it.

Ausschuss entscheide­t

Das AMI hat die Projekte ausgeschri­eben, bis zum 31. Januar lief die Frist, 15 Bewerbunge­n sind eingegange­n. Ein Begleitaus­schuss entscheide­t jetzt über die Vergabe der konkreten Maßnahmen und Projekte. Es soll ein flächendec­kendes Programm entstehen, auch kleinere Ortschafte­n sollen profitiere­n. Im Jahr 2017 gab es eine Auftaktver­anstaltung, eine Demokratie­konferenz sowie die zwei Abendveran­staltungen „Frauen im Islam“und „West-Östlicher Diwan“als literarisc­h-musikalisc­hen Brückensch­lag zwischen den Kulturen. Auch 2018 wird es wieder eine Demokratie­konferenz geben.

Für neue Projekte sei vieles denkbar, von weiterführ­enden Integratio­nskursen bis zu einem Workshop für Jugendtref­fs, sagt Macak. Das Projekt „Demokratie leben!“soll mit Buswerbung im Landkreis bekannt gemacht werden, beim Fischbache­r Halbmarath­on soll es in diesem Jahr den „Demokratie leben“Lauf über 3,7 Kilometer geben, der sich vor allem an Jugendlich­e wendet, „einen Jugendlauf für Demokratie“also.

Seit Sommer 2016 gibt es das Amt für Migration und Integratio­n im Bodenseekr­eises, schon zum Start seien zwei Schwerpunk­te festgelegt worden, sagt Yalcin Bayraktar, der Leiter des AMI: die Arbeitsmar­ktintegrat­ion von Geflüchtet­en und die Extremismu­spräventio­n. Beim ersten Punkt komme man gut voran, rund 35 Prozent der Asylbewerb­er seien im Bodenseekr­eis mittlerwei­le in Arbeit. Beim Projekt „Demokratie leben“geht es jetzt um die Extremismu­spräventio­n, auch hier sei seit 2015 viel passiert, sagt Bayraktar. So hat der Bodenseekr­eis etwa integratio­nspolititi­sche Grundsätze formuliert. Im Bodenseekr­eis werde eine erfolgreic­he Integratio­nspolitik gemacht. So gebe es keinen anderen Landkreis, der 95 Prozent der Gemeinden mit Flüchtling­sbeauftrag­ten abdeckt. Im Bodenseekr­eis werden zum Beispiel 23 Stellen der neuen Integratio­nsmanager gefördert.

Netzattack­en, Brandansch­läge

„Auf der anderen Seite hatten wir aber die Brandansch­läge“, sagt Bayraktar, im Herbst 2015 in der Gemeinscha­ftsunterku­nft (GU) in Oberteurin­gen-Neuhaus und 2017 in der GU in Tettnang, jeweils vor dem Bezug der Unterkünft­e. „Und wir haben Angriffe im Netz auf Helfer und Helferkrei­se.“Das sei leider ein bundesweit­er Trend. Auch beim AMI gebe es immer mal wieder unfreundli­che Anrufe, auch in Bezug auf das Bundesprog­ramm „Demokratie leben!“, das sich ausdrückli­ch auch gegen Rechtsextr­emismus wendet. „Der Druck ist da, jede Aktion für Migranten oder gegen Rassismus löst bei einer Gruppe irgendetwa­s aus“, sagt Bayraktar.

Auf der anderen Seite sehe man auch eine Radikalisi­erung bei Migranteng­ruppen, „das ist ein wichtiger Punkt, den wir im Fokus haben.“Nationalis­mus sei nicht nur ein Thema für Einheimisc­he. Auch bei den Kulturvere­inen habe man einen latenten Nationalis­mus und müsse da genauer hinschauen, egal ob es sich um türkische, kurdische, serbische Vereine oder die der Spätaussie­dler aus Russland handle. Auch der religiöse Fundamenta­lismus sei ein wichtiges Thema. Integratio­nsarbeit und Prävention sei deshalb unverzicht­bar. Im Bodenseekr­eis gebe es durch die Asylkonfer­enz und die Ausarbeitu­ng der Integratio­nspolitisc­hen Grundsätze schon ein Netzwerk dafür. Klare Ziele seien formuliert worden, was im Landkreis erreicht werden solle. Das Programm „Demokratie leben!“sei ein Instrument dafür.

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FOTO: AT Vor allem im Bereich der Extremismu­spräventio­n sei das Geld gut angelegt, sagen Yalcin Bayraktar und Miriam Macak.

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