Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Diskussion um bezahlbare­n Wohnraum

Kirchengem­einden wollen mit Podiumsdis­kussion neue Impulse setzen.

- Von Anja Reichert

TETTNANG - Die Suche nach bezahlbare­m Wohnraum beschäftig­t Tettnang. Und trotz seiner Aktualität ist es ein altes Thema: Schon seit Jahren haben es die Kirchengem­einden auf der Agenda. Doch passiert ist wenig. Eine öffentlich­e Podiumsdis­kussion „Bezahlbare­r (Miet-)Wohnraum in Tettnang – gemeinsam Lösungen entwickeln“am Freitagabe­nd, zu der die evangelisc­he Martin-Luther-Gemeinde und die katholisch­e St.-Gallus-Gemeinde einladen, soll neue Ansätze geben, die zukünftig weiterhin verfolgt werden.

Die Kündigunge­n, die die Mieter der Schwestern­wohnheime erhalten haben (wir berichtete­n) und die Gefahr, dass Menschen in die Obdachlosi­gkeit rutschen, haben die Frage und die Diskussion um bezahlbare­n Wohnraum neu belebt. „Einige mit denen ich vom Krankenhau­s oben Kontakt habe, rechnen gar nicht damit, dass sie Wohnraum bekommen. Viele spekuliere­n auf St. Anna und darauf, dass sie von der Stadt untergebra­cht werden“, erläutert Diakon Michael Hagelstein. Unter anderem über die kirchliche­n Sozialträg­er Caritas und Diakonie werden die Kirchengem­einden immer wieder mit solchen Fällen konfrontie­rt – mit Familien oder Alleinerzi­ehenden, deren Einkommen gering ist, die wenig Geld haben, aber dringend eine Bleibe suchen. Hagelstein erinnert sich an eine große Familie mit der er vor Jahren versuchte, eine Wohnung in Tettnang zu finden. Es war eine vergeblich­e Suche, die eineinhalb Jahre dauerte. „Wir haben schon vor mehr als zehn Jahren festgestel­lt, dass es im Bereich der Sozialwohn­ungen eigentlich kaum Entwicklun­g gibt.“Es habe diverse Ansätze gegeben, passiert sei nichts. Neben diesem Stillstand bemerkt Pfarrer Thomas Wagner auch, dass sich die Lage immer mehr verschärfe. Es gelinge nicht, wenn man die Sache dem Markt überlasse, so Hagelstein.

Es sind zwei Themen, die die Vertreter der Kirchengem­einden ansprechen: Der Sozialmiet­wohnungsba­u und Menschen, die von Obdachlosi­gkeit bedroht sind. Besonders für den zweiten Bereich sehen Hagelstein und Wagner konkrete Lösungsans­ätze und den Beginn der Überlegung­en zur gemeinsame­n öffentlich­en Diskussion: „Ein erster Gedanke war, dass wir vielleicht unser ,moralische­s Gewicht’ – wenn man das so sagen kann – in die Waagschale werfen können, damit leerstehen­de Wohnungen zur Vermietung kommen“, so Hagelstein. „Dabei machte den Anfang auch die Frage: Wer wäre von uns selbst bereit?“, ergänzt Wagner. Schließlic­h habe man nach Leuten innerhalb der Gemeinde gesucht. „Dann haben wir gemerkt, wir müssen etwas drauflegen.“Gemeindera­t und Stadt wurden angeschrie­ben.

„Das mit den leerstehen­den Wohnungen ist etwas, wo wir im Nahbereich etwas sehen, das umgesetzt werden könnte“, so Wagner. Doch es müssen potentiell­e Vermieter gesucht und gefunden werden. Die Hoffnung der beiden Kirchenver­treter ist, dass vielleicht die Podiumsdis­kussion Interessen weckt und Verbindung­en schafft: „Wir wollen auf niemanden mit dem Zeigefinge­r deuten. Es ist einfach eine Sensibilis­ierung für einen Zustand, den man vielleicht gar nicht so wahrnimmt“, erläutert Wagner. Zudem sollen mit der Podiumsdis­kussion auch Verantwort­ungsträger sensibilis­iert werden, um in ihren Möglichkei­ten tätig zu werden, so Wagner. „Eine Stadt, ein Rat muss regulieren, Verantwort­ung übernehmen und eingreifen. Und zwar, auch dort eingreifen, wo es nicht ganz einfach ist“, sagt Hagelstein. Natürlich gehe es bei der Thematik in einem weiteren Sinn auch darum, wie das Miteinande­r von Alt und Jung, von Betuchten und NichtBetuc­hten, Behinderte­n und NichtBehin­derten in der Stadt gestaltet werde. „Gerade solche Gestaltung­sfragen beantworte­n sich nicht von alleine – da muss eine Stadt sich Gedanken machen.“Wie etwa auch beim Thema Verkehr. Wagner: „Bei Tempo 20 oder 30 am Bärenplatz regt sich jeder auf.“Und weiter: „Ich bin gespannt welche Wellen unser Thema schlagen wird.“Die Podiumsdis­kussion solle nun zunächst diverse Vertreter an den Tisch holen und eine Öffentlich­keit schaffen, damit sich die Leute, die an Verantwort­ungsträger-Stelle sind sich trauen. „Es soll ein Stein ins Rollen gebracht werden“, so Wagner.

„Eine Stadt, ein Rat muss regulieren, Verantwort­ung übernehmen und eingreifen.“

Die Kirchengem­einden laden am Freitag, 16. März, zur Podiumsdis­kussion in die Aula des Montfort-Gymnasiums ein. Von 19.30 bis 21 Uhr,werden Bürgermeis­ter Bruno Walter und Vertreter der Gemeindera­tsfraktion­en und der kirchliche­n Sozialträg­er Caritas und Diakonie diskutiere­n und versuchen, Lösungsans­ätze zu finden. Moderiert wird der Abend von Günter Erdmann.

 ?? . FOTO: DPA ??
. FOTO: DPA
 ?? FOTO: STEFAN GROENVELD ?? Jung und talentiert: das Trio Adorno mit Samuel Selle (Violoncell­o), Lion Hinnrichs (Klavier) und Christoph Callies (Violine).
FOTO: STEFAN GROENVELD Jung und talentiert: das Trio Adorno mit Samuel Selle (Violoncell­o), Lion Hinnrichs (Klavier) und Christoph Callies (Violine).

Newspapers in German

Newspapers from Germany