Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Bauschutt und Aushub belasten Bürger

Immer häufiger muss beides als „Abfall“auf eine Deponie – Die Kosten dafür explodiere­n

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KREIS LINDAU (ee) - Die Kommunen stöhnen. Und nicht nur sie: Dass immer mehr Bauschutt und Aushub als Abfall gelten und deshalb kostenpfli­chtig entsorgt werden müssen, trifft auch viele Bürger: „Für normale Häuslebaue­r ist das Kostentrei­ber Nummer eins.“Davon ist der Scheidegge­r Gemeindech­ef Ulrich Pfanner, Sprecher der Bürgermeis­ter im Landkreis, überzeugt. Einen Nachmittag lang haben sich diese mit dem brisanten Thema beschäftig­t. Und letztlich einstimmig in einer Resolution die aktuelle Situation als „ökologisch fragwürdig“und den bürokratis­chen Aufwand fürs Schutt- oder Aushubents­orgen als „nicht mehr akzeptabel“kritisiert.

Beim Thema Bodenaushu­b und Bauschutt stehen Pfanner Sorgenfalt­en auf der Stirn: Nicht nur, dass die Kosten für die Entsorgung „jährlich im zweistelli­gen Bereich steigen“, wie Pfanner am Montag in Bodolz in der Sitzung des Lindauer Kreisverba­nds des Bayerische­n Gemeindeta­gs sagte. Dazu komme das Problem, dass es in Bayern nur wenige Deponieflä­chen gibt: Binnen fünf Jahren hat sich das Volumen dessen, was per Gesetz auf Baustellen als Abfall deklariert wird und damit deponiert werden muss, um fast die Hälfte erhöht, wie der Jurist Holger Seit in der Runde der Bürgermeis­ter aufzeigte.

Er bezeichnet­e es als „komplizier­te Gemengelag­e von Abfallrech­t, Bodenschut­zrecht und Wasserrech­t“: Das erschwere mittlerwei­le die Frage, was mit Boden und Erde passiert, die für Straßenbau­ten, Neu- und Anbauten oder auch einfach fürs Pflanzen eines größeren Baums ausgehoben werden müssen. Natürlich werde inzwischen im Freistaat mehr gebaut, gab Seit zu. Damit entstünden größere Mengen an Bauschutt und Aushub. Das Problem daran: Obwohl eigentlich mehr recycelt, also wiederverw­ertet werden sollte, „ist faktisch das Gegenteil der Fall“– immer mehr lande in Deponien. Das übrigens auch, weil es in Bayern „viele günstige Primärbaus­toffe gebe“, wie Seit sagte.

Nicht nur der Jurist kennt das Dilemma: Eigentlich sollten die Baukosten niedrig gehalten werden. Stattdesse­n steigen die Entsorgung­skosten. Wer ein Einfamilie­nhaus baue, bei dem kommen nach Seits Aussage schnell 400 bis 500 Kubikmeter Aushub zusammen. Werde dieser abtranspor­tiert, mache das bis zu 25 000 Euro für die Familie aus.

Einen Auslöser dafür sieht der Fachmann im neuen Kreislaufw­irtschafts­gesetz, das im Jahr 2012 in Kraft getreten ist. Denn danach entsteht beim Bauen sehr viel – Abfall: Alles, was nicht beim Bauprojekt verbaut werde, dessen sich ein Bauherr entledigen wolle oder per Gesetz sogar entledigen müsse, gehört dazu. Ausgehoben­er Boden ist nach Seits Worten sogar „grundsätzl­ich Abfall“, so er nicht nachweisli­ch frei von jeglichen Belastunge­n ist und „an Ort und Stelle für Bauzwecke verwendet“werde. Deswegen sei es beispielsw­eise ratsam, Aushub auf dem Baugrundst­ück liegenzula­ssen. Und „alles auszuloten“, was aus Aushub eben keinen Abfall entstehen lasse.

Der Jurist verdeutlic­hte den Bürgermeis­tern, dass es viele Tücken und Fallstrick­e gebe bei Punkten wie Zwischenla­gern (die grundsätzl­ich genehmigt werden müssten), Bodengutac­hten (die ganz unterschie­dlich erforderli­ch sind) oder allein schon bei der richtigen Ausschreib­ung einer Baumaßnahm­e. Boden- und Abfallmana­gement spiele eine große Rolle, wolle eine Gemeinde bei Neubauoder Straßenbau­arbeiten nicht auf hohen Kosten sitzen bleiben. Vieles ist genehmigun­gspflichti­g, muss mit dem Landratsam­t abgesproch­en werden. Wichtig sei auch, die Merkblätte­r und Informatio­nen des Landesumwe­ltamtes genau zu lesen, appelliert­e Seit. Immer wieder kam der Fachmann in der Sitzung auf die nach seinen Worten „unsichere Rechtslage“zu sprechen: Allein für die Frage, was mit Bauschutt geschieht, gebe es über 15 Gesetze und Verordnung­en. Nach einer ganzen Reihe von Detailfrag­en an den Juristen haben die Landkreisb­ürgermeist­er letztlich einstimmig eine Resolution zum Umgang mit Aushub und Bauschutt verabschie­det.

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FOTO: FLEMMING Wo immer Aushub anfällt, wie hier beim Baubeginn für die Unterführu­ng Langenweg, stellt sich die Frage: Abfall und wenn ja, wohin damit? Der Transport von Aushub und Bauschutt auf Deponien belastet die Umwelt und ist auf jeden Fall teuer, für Kommunen...

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