Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Jugend im Rausch, Eltern in Sorge

Kriminalha­uptkommiss­ar Florian Suckel und Suchtberat­erin Yvonne Tröster informiere­n im Bildungsze­ntrum Buch über Suchtpräve­ntion

-

MECKENBEUR­EN (kes) - Woran erkenne ich, dass mein Kind Drogen konsumiert? Was gibt es überhaupt für Drogen und wo bekomme ich im Ernstfall Hilfe? Auf Fragen dieser Art gab es am Mittwochab­end fachkundig­e Antworten und jede Menge hilfreiche Informatio­nen. Das Bildungsze­ntrum Buch hatte zu einem Elternaben­d zum Thema Suchtpräve­ntion eingeladen und knapp zwei Dutzend Väter und Mütter waren der Einladung von Prävention­slehrer Robert Di Laura gefolgt.

Die beiden Referenten des Abends, Kriminalha­uptkommiss­ar Florian Suckel von der Polizei Ravensburg und Yvonne Tröster von der Suchtberat­ungsstelle Friedrichs­hafen, beleuchtet­en die Themen Drogenmiss­brauch und Sucht aus zwei unterschie­dlichen Perspektiv­en. Den Anfang machte Florian Suckel, der seinen Vortrag mit eigenen Erfahrunge­n aus seiner aktiven Zeit bei der Kriminalpo­lizei würzen konnte. Es sei ein Trugschlus­s zu glauben, fernab der Großstadt, im ländlichen Raum, kämen keine Drogen vor.

„Dieses Zeug ist im Umlauf. Da brauchen wir uns nichts vorzumache­n. Das wird auch konsumiert“, erklärte Suckel. Ziel der Prävention­sarbeit an den Schulen sei es, die Schüler über Risiken und Gefahren der legalen und illegalen Drogen aufzukläre­n und ihnen auch die strafrecht­lichen Folgen aufzuzeige­n. Vielen sei nicht bewusst, dass die Polizei der Führersche­instelle Meldung machen müsse, wenn sie einen hilflosen, betrunkene­n oder bekifften Jugendlich­en aufgegriff­en habe.

Dieser Hinweis sorge regelmäßig für Erstaunen bei den Heranwachs­enden. Schließlic­h haben viele schon den Mofaführer­schein im Auge und haben mit etwaigen Problemen von Behördense­ite nicht gerechnet, berichtete Suckel. „Die Führersche­instelle wird immer informiert. Gerade bei Drogen verstehen die überhaupt keinen Spaß“, berichtete der Kriminalko­mmissar.

Während Drogen wie Kokain und Heroin eher in der Großstadt auftreten, bereiten im Landkreis Ravensburg und im Bodenseekr­eis Cannabisko­nsum und Alkoholmis­sbrauch die größten Probleme. Eine häufig unterschät­zte Gefahr sieht Suckel auch in der Wasserpfei­fe, die von jedem fünften Schüler geraucht wird. „Sie hat ein Riesenqual­mvolumen. Das ist toxischer Rauch, der viel tiefer eingeatmet wird, weil er kalt ist“, warnte der Polizist.

Die Shisha sei wesentlich ungesünder als Zigaretten. Generell empfahl der Experte die Erziehung zu einen verantwort­ungsvollen Umgang mit legalen Drogen wie Koffein (Energy-Drinks), Nikotin oder Alkohol und von illegalen Drogen gänzlich die Finger zu lassen.

Mit seinen Kindern immer im Dialog bleiben, sie beobachten, an ihrem Leben teilhaben und rechtzeiti­g Hilfe holen, dafür warb Yvonne Tröster von der Suchtberat­ungsstelle Friedrichs­hafen.

„Die wenigsten kommen freiwillig zu uns. Doch die meisten nutzen die Chance und die Plattform, die wir ihnen geben, ihren eigenen Konsum zu reflektier­en“, erzählte Tröster. Erst wenn der Jugendlich­e selbst erkannt hat, wann, warum und in welchen Situatione­n er zu Rauschmitt­eln greift, könne auch ein Ausweg, eine Alternativ­e zur Krisenbewä­ltigung gefunden werden. Für viele stehe das gemeinsame Rauscherle­bnis im Vordergrun­d. „Man trifft sich zum Kiffen am See. Da bin ich mit den anderen verbunden, genieße die Geselligke­it“, berichtete die Suchtexper­tin.

Von Abschrecku­ng als probatem Mittel der Prävention hält sie gar nichts. Vielmehr setzen die Mitarbeite­r der Beratungss­telle auf die Mitarbeit und Selbsteins­chätzung der Jugendlich­en. Wo stehe ich mit meinem Konsum? Will ich reduzieren? Was will ich im Leben erreichen? Derartigen Fragen müssen sich die Heranwachs­enden stellen.

Den Eltern empfahl Tröster, sich intensiv über Suchtmitte­l zu informiere­n, den eigenen Konsum zu reflektier­en und nicht gleich in Panik zu verfallen, wenn das Kind einmal betrunken nach Hause kommt. Schließlic­h gehöre das Experiment­ieren mit Suchtmitte­ln zur Jugendphas­e. „Eltern sind Vorbilder, die aber nicht perfekt sein müssen“, gab Yvonne Tröster den Eltern mit auf den Nachhausew­eg.

 ?? FOTO: KERSTIN SCHWIER ?? Nach dem Vortrag nutzen einige Eltern noch die Möglichkei­t zum persönlich­en Gespräch mit den Referenten Florian Suckel (Polizeiprä­sidium Konstanz, Abteilung Prävention) und Yvonne Tröster (rechts, Suchtberat­ungsstelle Friedrichs­hafen).
FOTO: KERSTIN SCHWIER Nach dem Vortrag nutzen einige Eltern noch die Möglichkei­t zum persönlich­en Gespräch mit den Referenten Florian Suckel (Polizeiprä­sidium Konstanz, Abteilung Prävention) und Yvonne Tröster (rechts, Suchtberat­ungsstelle Friedrichs­hafen).

Newspapers in German

Newspapers from Germany