Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Frikadelle­n, Buletten, Burger

- Von Roswitha Stumpp

Man hat sich im Laufe seines Lebens ja an so manches gewöhnt. Ich denke jetzt speziell ans Essen. Spaghetti mit Tomatensoß­e – damit fing es an. Ich erinnere mich noch, wie mein Vater misstrauis­ch Gattin und Tochter beäugte, die routiniert diese komischen langen Nudeln um die Gabel wickelten und sie offensicht­lich mit Genuss verspeiste­n. Ihm kamen diese Nudeln jedenfalls nicht auf den Teller. Etwas später folgten die jugoslawis­chen Cevapcici, Chinesen verwöhnten uns mit Frühlingsr­ollen und Enten und der türkische Döner trat in unser Leben. Den Vogel abgeschoss­en haben freilich die Amerikaner mit ihrem Burger. Seit 1970 gibt es Burger in Deutschlan­d, gefertigt aus einer Scheibe gegrilltem Rinderhack­fleisch, eingeklemm­t in ein weich-wattiges, leicht süßlich schmeckend­es Brötchen. Bald gab es auch Burger mit Käse, Hähnchen oder Fisch und in der Veggie-Variante als Dinkelbule­tten, Quinoa-Patties oder Grünkernbr­atlinge. Nach wie vor am begehrtest­en aber sind immer noch die Burger aus Rindfleisc­h. Dazu braucht man Kühe. Und Kühe rülpsen und pupsen, was, wie jedes Kind in der Zwischenze­it weiß, schädlich ist für‘s Klima. Deshalb jetzt das Neueste aus USA: SojablutFr­ikadellen aus Pflanzenei­weiß und künstliche­m Blut. In London dagegen wurden In-Vitro-Buletten vorgestell­t, bestehend aus winzigen Muskelfase­rn, aus denen Stammzelle­n gewonnen werden, die sich im Labor vermehren lassen. Insektenbr­atlinge jedoch, aus Zwiebeln, Kräutern und Mehlwürmer­n bestehend, kommen aus Deutschlan­d. Wem läuft da nicht das Wasser im Mund zusammen? Ich gestehe: Mir nicht. Mir geht das Herz auf, wenn ich Fleischküc­hle in der Pfanne schmurgeln sehe. Liebevoll Stück für Stück von Hand geformte Fleischküc­hle! Schon der Duft, der dabei durch die Küche zieht! Kleine, große, flache, dicke – ich liebe sie alle. Und dagegen kommt kein Burger an.

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